Trump droht Blitz-Absetzung
1:40
Selbst Verbündete rücken ab:Trump droht Blitz-Absetzung

Selbst die eigenen Verbündeten rücken vom Noch-Präsidenten ab
Trump droht Blitz-Absetzung

Nach dem Wahnsinn von Washington kehren selbst Republikaner dem US-Präsidenten den Rücken. Für ernsthafte Konsequenzen gibt es zwei Möglichkeiten – allerdings nur theoretisch.
Publiziert: 08.01.2021 um 02:07 Uhr
|
Aktualisiert: 08.01.2021 um 13:29 Uhr
1/7
Nichts ist in Ordnung, nichts ist okay: Noch-Präsident Donald Trump glaubt weiterhin an seinen Sieg – sagt aber endlich die Amtsübergabe zu.
Foto: Getty Images
Fabienne Kinzelmann

Es ist vorbei. Die Demokraten sagen es, die Republikaner sagen es – und Trump sagt es jetzt auch. «Auch wenn ich mit dem Ausgang der Wahl überhaupt nicht einverstanden bin und die Fakten mich bestätigen, so wird es am 20. Januar einen geordneten Übergang geben», teilte der Noch-US-Präsident über den Twitter-Account seines Vertrauten Dan Scavino (44) mit. Dann in der Nacht auf Freitag sagte es Trump auch noch persönlich in die Kameras. Er veröffentlichte – offenbar auf Drängen seiner Mitarbeiter – auf Twitter ein Video, sagt: «Es war die Ehre meines Lebens, euer Präsident gewesen zu sein.»

Trump wurde zuvor von dem Kurznachrichtendienst Twitter vorübergehend gesperrt, nachdem er unter anderem in einem Video seine Sympathie mit den Kapitol-Angreifern geäussert hatte: «Wir lieben euch. Ihr seid etwas sehr Besonderes.» Facebook und Instagram stellten den Lautsprecher gar für die kommenden zwei Wochen stumm.

Der drastische Schritt zeigt, wie tief der Angriff auf ihr Herz der Demokratie die USA erschüttert. Trump-Unterstützer, QAnon-Verschwörungsgläubige, Spinner, die – aufgehetzt von Donald Trump (74) persönlich und seinem Anwalt Rudy Giuliani (74) – das Kapitol belagern. Die mit rassistischen Flaggen den Kongress stürmen, der gerade die Stimmen der 538 Wahlleute auszählt. Die «Verräter Pence!» skandieren, weil sie glauben, dass der Vizepräsident das Ergebnis der Präsidentschaftswahl eigenmächtig ändern kann. Die in Abgeordnetenbüros eindringen, wüten, zerstören. Und sich tatsächlich im Recht wähnen.

«Mein Herz war gebrochen, als ich das sah», sagt die Demokratin Suzi LeVine (51), von 2014 bis 2017 US-Botschafterin in Bern, zu BLICK. «Unsere demokratischen Bemühungen wirkten so, als wären sie umsonst gewesen.»

Erste Kabinetts-Rücktritte

Joe Biden nennt das, was am Mittwoch in Washington geschehen ist, einen «Aufruhr», viele seiner Unterstützer gar «Putschversuch». Die traurige Bilanz des Tages: Fünf Menschen sind tot – eine Frau wurde von Sicherheitskräften erschossen. Mehr als 50 Polizisten wurden verletzt, und es gab Dutzende Festnahmen. 6200 Mitglieder der Nationalgarde sichern die Hauptstadt.

Immer mehr Republikaner wenden sich nun von Donald Trump ab. Ex-Stabschef Mick Mulvaney (53) trat aus Protest vom Posten des Nordirland-Beauftragten zurück. Finanzminister Steven Mnuchin (58) verurteilte den Sturm auf das Kapitol. Verkehrsministerin Elaine Chao (67) trat zurück. Vizepräsident Mike Pence (61) und Senatsführer Mitch McConnell (78) hatten schon nach Trumps Hetz-Rede am Mittwoch mit dem Noch-Präsidenten gebrochen.

Zuckerberg schmeisst den Präsidenten raus
1:19
Fertig Facebook!Zuckerberg schmeisst den Präsidenten raus

Nach der Unterbrechung zogen Senatoren und Abgeordnete die Auszählung der Wahlstimmen unter der Leitung von Mike Pence stoisch bis in die Morgenstunden durch. An den Trump-Mob gerichtet sagte er: «Ihr habt nicht gewonnen. Gewalt gewinnt nie. Die Freiheit gewinnt. Und dies ist immer noch das Haus des Volkes!» Joe Biden wurde vom Kongress final als Wahlsieger bestätigt. Von den ursprünglich 14 republikanischen Senatoren begehrte nur noch eine Handvoll auf.

So könnte Trump noch sein Amt verlieren

In knapp zwei Wochen wird Joe Biden vereidigt. Doch selbst die Republikaner wollen Trump nun nicht mehr ungeschoren davonkommen lassen. Der Tenor: Jeder Tag länger ist einer zu viel!

Top-Demokratin Nancy Pelosi (80) sagte am Donnerstag in Washington, sie rufe den amtierenden US-Vizepräsidenten Mike Pence auf, eine Amtsenthebung auf Basis des Zusatzartikels 25 der US-Verfassung anzustrengen.

Mit der Zustimmung von Mike Pence, könnte einer Mehrheit im Kabinett und im Kongress Trump nach seinem Totalausfall als «nicht amtsfähig» erklären. Das wäre theoretisch die schnellste Lösung.

Trumps Ex-Sicherheitsberater John Bolton bezweifelt, dass das funktioniert. «Pence müsste die Mehrheit im Kabinett heimlich zusammenbekommen», sagte Bolton zu «CNN». «Warum? Weil Donald Trump jeden Minister, der den entsprechenden Brief unterzeichnet, sofort feuert. Dann ist dessen Unterschrift nicht mehr gültig.» Bolton glaubt, der Versuch werde nicht funktionieren. Er habe zudem verfassungsrechtliche Bedenken

Pelosi setzt Pence wegen Amtsenthebung unter Druck

Für den Fall, dass der Vizepräsident und das Kabinett nicht tätig würden, drohte Nancy Pelosi, Sprecherin im Repräsentantenhaus, mit einem regulären Amtsenthebungsverfahren im Kongress. Trump wäre der erste US-Präsident, der sich zwei solcher Verfahren stellen müsste - beim ersten war er im vergangenen Februar von der Mehrheit seiner Republikaner im Senat freigesprochen worden.

Der Vorwurf im Amtsenthebungsverfahren könnte lauten: Sturz der Regierung. Ist der Prozess erfolgreich, könnte Trump niemals mehr kandidieren – also bei der US-Präsidentschaftswahl 2024 nicht erneut antreten. Für das Amtsenthebungsverfahren, das deutlich aufwendiger ist, bräuchte es allerdings eine Mehrheit im Repräsentantenhaus und eine Zweidrittelmehrheit im Senat. Daran sind die Demokraten im vergangenen Jahr gescheitert.

Aber vielleicht möchten sich diesmal doch noch ein paar Republikaner anschliessen. Denn Trumps Rückzug ist kein Eingeständnis seiner Niederlage – und hört nicht mit dem Versprechen einer «geordneten Übergabe» auf. In seiner Videobotschaft sagt er an seine Unterstützer gerichtet: «Ich weiss, dass sie enttäuscht sind. Aber ich möchte auch, dass sie wissen, dass unsere unglaubliche Reise gerade erst begonnen hat.»

In seinem Twitter-Statement zuvor hiess es: «Ich habe immer gesagt, wir werden kämpfen (...). Während dies das Ende der grössten ersten Amtszeit in der Geschichte der Präsidentschaft darstellt, ist es nur der Anfang unseres Kampfes, um Amerika wieder gross zu machen!» Eine Drohung, vor der nach dem Washington-Wahnsinn auch Trumps ehemalige Parteifreunde zittern sollten.

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?