Der spanische Rapper Pablo Hasél (32) hat in seinem Land einen Flächenbrand samt Regierungskrise ausgelöst. Den dritten Abend in Folge gab es am Donnerstag in mehreren Städten Proteste, die in Gewalt und Zerstörung ausarteten. In Barcelona setzten Demonstranten Container-Barrikaden in Flammen und zerstörten Geschäfte und Scheiben. Die Polizei wurde mit Steinen und Flaschen angegriffen.
Auch in Valencia, Tarragona, Sabadell, Girona, Lleida und im Baskenland gab es Krawalle. Mehrere Personen wurden verletzt, darunter mindestens ein Polizist, der von einem Stein am Kopf getroffen worden war. In Barcelona wurden sechs und in Valencia acht Menschen festgenommen.
Verherrlichung von Gewalt
Rapper Hasél, der eigentlich Pablo Rivadulla Duró heisst und vor allem in der linken Untergrundszene bekannt ist, war am Dienstag in der Universität Lleida verhaftet worden, wo er sich verschanzt hatte.
Grund für die Festnahme: Der Katalane hatte sich geweigert, eine neunmonatige Haftstrafe anzutreten, die er 2018 wegen Verherrlichung von Gewalt gegen Polizisten und Politiker sowie Beleidigung der Monarchie kassiert hatte.
In einem Rap-Song bezeichnet er den früheren spanischen König Juan Carlos (83) als «parasitären Müll». Eine andere Zeile lautet: «Ich denke an Kugeln, die die Hälse von Nazi-Richtern erreichen.»
In Twitter-Botschaften zählt er Politiker auf, von denen er bedauere, dass sie bisher noch keinem Anschlag zum Opfer fielen. Über den Bürgermeister seiner Heimatstadt Lleida sagt er: «Ángel, du Missgeburt, du verdienst einen Schuss.»
Streit in der Regierung
Wegen der Proteste kam es in der linken Regierung in Madrid zu Streit, weil der kleinere linksalternative Koalitionspartner Unidas Podemos (UP) die Gewalt nicht verurteilt hatte. Vize-Regierungschefin Carmen Calvo (63) von den Sozialisten warf UP vor, die Gewalt noch anzustacheln.
UP-Sprecher Pablo Echenique (42) hatte auf Twitter gepostet: «All meine Unterstützung für die jungen Antifaschisten, die auf den Strassen Gerechtigkeit und Meinungsfreiheit fordern.»
Die Regierung hat inzwischen eine Reform des Strafrechts angekündigt, in deren Rahmen «verbale Exzesse im Rahmen künstlerischer, kultureller oder intellektueller» Aktionen nicht mehr unter das Strafrecht fallen sollen.
Menschenrechtsgruppen hatten das 2015 von der konservativen Vorgängerregierung beschlossene «Maulkorb-Gesetz» immer wieder kritisiert, weil es die Meinungsfreiheit einschränke.
Terrorgruppe als Vorbild
Bei vielen Spaniern weckt der Fall Hasél Erinnerungen an jenen des Rappers Valtonyc (27), der 2018 wegen ähnlicher Vorwürfe verurteilt wurde und anschliessend nach Belgien floh. Die von Spanien beantragte Auslieferung von Valtonyc lehnt Brüssel mit der Begründung ab, dass die Vorwürfe gegen ihn in Belgien keinen Straftatbestand darstellen.
Valtonyc sympathisiert in seinen Texten mit Terrororganisationen und ruft zu Waffengewalt auf. Ein Ende der Unruhen ist nicht absehbar. Hasél rief die Demonstranten auf, mehr zu tun, statt nur zu protestieren. Konkreter wurde er nicht.
Von ihm weiss man aber, dass er sich die Grupos de Resistencia Antifascista Primero de Octubre, kurz Grapo, zum Vorbild nimmt. Die ehemalige kommunistische Terrorgruppe hatte zwischen 1976 und 2007 Anschläge auf spanische Politiker verübt und auch einen Arzt ermordet.