Ihr Land wurde auf brutale Art und Weise angegriffen, ihre Städte teilweise in Schutt und Asche gelegt. Nach bald drei Monaten Krieg in der Ukraine ist kein Ende der Zerstörung in Sicht.
Auch wenn Wladimir Putin (69) den Krieg als Spezialoperation zur Rettung der Ukraine verkaufen will, wissen die Menschen vor Ort genau, was passiert. «Das ist keine Rettung, das ist Zerstörung», sagt der ukrainische MMA-Kämpfer und Weltmeister Yaroslaw Amosow (28) zu CNN. Amosow gilt als der beste Kämpfer seiner Generation.
Am Freitag hätte er seinen Weltmeistertitel im Wembley-Stadion in London verteidigen sollen. Ans Reisen kann er zurzeit aber nicht denken. Zu sehr beschäftigt ihn die Situation in seiner Heimatstadt Irpin, etwa 20 Kilometer von der Hauptstadt Kiew entfernt.
«Schwer, auf eine Stadt zu blicken, die einst voller Glück war»
Die Stadt wurde von den russischen Aggressoren hart ins Visier genommen. Bereits im April erklärten die Behörden, dass rund 50 Prozent der kritischen Infrastruktur zerstört worden seien.
«Es ist schwer, auf eine Stadt zu blicken, die einst voller Glück und Leben war», erklärt Amosow. «Wenn man sich jetzt die Stadt anschaut, die in Flammen steht und zerstört wird, dann ist das ein schrecklicher Anblick.»
Amosow hat den Ernst der Lage schnell erkannt. Vier Tage vor Kriegsausbruch war er aus einem Trainingslager aus Thailand zurückgekehrt. Als immer klarer wurde, dass die Russen eine Invasion starten würden, schloss er sich den ukrainischen Streitkräften in Irpin an. Vorher brachte er noch seine Frau und seinen Sohn am Rande der Ukraine in Sicherheit.
«In den ersten Tagen war es sehr schwer, sich an all diese Ereignisse zu gewöhnen und zu sehen, wie die Menschen aus ihren Häusern rannten», sagt der MMA-Kämpfer. Es habe Chaos geherrscht. Unzählige Menschen seien herumgerannt und hätten nicht gewusst, was sie tun sollen.
Weil die ukrainische Verteidigung blitzschnell aufgebaut werden musste, hätten Amosow und seine Kameraden nur eine kurze Schulung im Umgang mit Waffen erhalten. Trotzdem wussten sie sich gegen den Feind zu wehren.
Je länger der Krieg dauerte, desto mehr machte Amosow die ganze Situation zu schaffen. In seinen dunkelsten Momenten habe er nicht gewusst, ob er den Tag überleben würde. Nur dank der enormen Hilfe und Freundlichkeit seiner Landsleute habe er durchgehalten. «Ich bin stolz, dass es solche Menschen gibt und dass wir in einem wunderbaren Land wie diesem leben.»
«Wie kann man nur so handeln?»
Umso grösser war dann die Freude, als ein Grossteil von Irpin von den russischen Besatzern befreit werden konnte. Es ist einer der Momente, der ihm am meisten in Erinnerung geblieben ist. Trotzdem weiss Amosow, dass der Krieg noch lange nicht vorbei ist.
Für ihn sind Russlands Kriegshandlungen unerklärlich. «Ich verstehe nicht, wie man so grausam kämpfen kann, ohne irgendwelche Regeln. Wie kann man nur so handeln? Wie viele Menschen wurden verletzt? Wie viele sind gestorben? Wie viele haben ihre Häuser verloren? Und das nennen die Russen eine Rettung?»
Jetzt, wo die Kämpfe in Irpin abgeflaut sind, will Amosow so schnell wie möglich wieder in den Ring. Er trainiert bereits eifrig. «Jetzt bin ich wieder in Form. Ich möchte zurückkehren und meinen Gürtel verteidigen.» Um diesen muss er sich aber keine Sorgen machen. Seine Mutter hatte diesen sicher für ihn aufbewahrt und versteckt. (ced)