Seine Gegner, seine Frau, sein Sportgerät
Bidens Universum

Am Mittwoch hat US-Präsident Joe Biden seinen Amtssitz bezogen. Was prägt sein neues Leben?
Publiziert: 24.01.2021 um 17:54 Uhr
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Aktualisiert: 03.05.2021 um 15:30 Uhr
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Wie eine Heimkehr: Joe Biden im Weissen Haus.
Foto: AFP
Fabienne Kinzelmann

Nach dem Pomp kommt die Arbeit. Kaum war Joe Biden (78) am Mittwoch als 46. Präsident der USA feierlich vereidigt, gings los. «Es fühlt sich an, wie nach Hause zu gehen», erzählte er Reportern auf dem Weg zum Weissen Haus. Nur kurz blieb der ehemalige Vizepräsident von Barack Obama (59) auf dem roten Teppich vor dem Eingang stehen, winkte mit seiner Frau Jill (69) an der Seite für die Kameras und schritt dann über die Schwelle – ab ins Oval Office, die ersten Verordnungen («Executive Orders») unterzeichnen. SonntagsBlick erklärt das Universum des neuen Präsidenten.

Seine Vize

Kamala Harris (56) ist als erste Frau und erste Schwarze die Nummer zwei im Staat. Vereidigt wurde sie von Sonia Sotomayor (66), der ersten Latina am Obersten Gerichtshof. Dabei trug sie als Hommage an Shirley Chisholm (1924–2005), die sich 1972 als erste Frau und Afroamerikanerin um die Präsidentschaftskandidatur beworben hatte, ein lila Kostüm. Mit Harris bekommt das Vizepräsidentenamt neues Gewicht: Biden wählte wegen seines hohen Alters extra eine «Running Mate», die jederzeit einspringen kann. Zudem ist Harris’ Stimme wegen der knappen Mehrheitsverhältnisse künftig im Senat entscheidend.

Sein Kabinett

Schwarze, Migranten, Frauen, ein Schwuler: So divers wars noch nie. Biden hat sich eine bunte Regierungstruppe zusammengestellt – darunter viele erfahrene Politiker aus der Obama-Zeit, die schnell loslegen können. In Bidens Kabinett sind die ehemalige Notenbankchefin Janet Yellen (74, Finanzen), der ehemalige nationale Sicherheitsberater Antony Blinken (58, Aussenpolitik), der Ex-General Lloyd Austin (67, Verteidigung), die Indigene Deb Haaland (60, Inneres) und Pete Buttigieg (39, Verkehr), ehemals selbst Bewerber für die demokratische Präsidentschaftskandidatur.

Seine Religion

Hinter Bidens Schreibtisch im Oval Office steht das Foto von einer Begegnung mit Papst Franziskus im Jahr 2016. Nach dem Wahlsieg telefonierten die beiden, zum Amtsstart schickte der Papst ein Telegramm. Der irischstämmige Joe Biden ist nach John F. Kennedy (1917–1963) erst der zweite katholische US-Präsident – und tiefgläubig. Bei seiner Siegesrede zitierte er aus dem Alten Testament. Am Tag seiner Vereidigung besuchte er noch einen Gottesdienst, ein Jesuit wirkte bei der Amtsübergabe mit und in seiner ersten Rede betete Biden für die mehr als 400’000 Corona-Toten in den USA.

Sein Sportgerät

Joe Biden gilt für seine 78 Jahre als extrem fit. «Schuld» daran soll ein Spinning-Fahrrad des US-Unternehmens Peloton sein. Das teure Hightech-Fitnessgerät verfügt über einen Tablet-ähnlichen Monitor mit Kamera, über das Internet lässt sich ein Trainer zuschalten. Laut Medienberichten sorgt die Frage, wer den Hometrainer zuerst benutzen darf, regelmässig für Diskussionen im Hause Biden. Experten machen sich allerdings Sorgen, ob das Fitnessgerät die strengen Cybersicherheitsvorgaben im Weissen Haus erfüllt. Im schlimmsten Fall muss das Präsidentenpaar künftig woanders schwitzen.

Seine Frau Jill

Auf Twitter ist «Flotus» schon fleissig unterwegs. Die neue First Lady will deutlich sichtbarer sein als Vorgängerin Melania (50) – und wie schon als «Second Lady» trotzdem weiterarbeiten. Die promovierte Lehrerin hat zwei Masterabschlüsse in Geschichte und Englisch. Seit fast 44 Jahren ist sie mit Biden verheiratet – als seine zweite Frau, nachdem seine Jugendliebe bei einem Autounfall verstarb. Gemeinsam bekamen Joe und Jill Tochter Ashley (39).

Seine Blitz-Entscheidungen

In Windeseile machte Biden umstrittene Trump-Entscheidungen rückgängig und trat wieder der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und dem Pariser Klimaabkommen bei. Insgesamt unterzeichnete Biden in seinen ersten zwei Amtstagen 17 Erlasse, für die es keiner Zustimmung des US-Kongresses bedarf. Dazu gehört auch das Ende des Einreiseverbots für Menschen aus bestimmten muslimischen Staaten. Der Nukleardeal mit Iran soll schnellstmöglich wiederbelebt und der Abrüstungsvertrag mit Russland verlängert werden.

Sein stärkster Gegner

Auch Biden will entschieden gegen Chinas geopolitische Ambitionen vorgehen – wenn auch mit anderen Mitteln als Trump. Ein Fokus werden für ihn dabei die Menschenrechtsverletzungen sein. Chinas Vorteil aktuell: Das Land hat das Virus im Griff und sich wirtschaftlich schnell erholt. Selbstbewusst schickte Staatspräsident Xi Jinping (67) bereits einen Brief mit der Bitte, die chinesisch-amerikanischen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zu fördern – allerdings an Starbucks-Gründer Howard Schultz (67). Glückwünsche aus China bekam Biden bis heute nicht.

Seine Verbündeten

Neustart für die Beziehung mit Europa! Mit Antony Blinken, der lange in Frankreich gelebt hat und die EU 2016 als «vitalen Partner» beschrieben hat, als Aussenminister sendet Joe Biden ein klares Signal. Enge Zusammenarbeit wird es vor allem in der Klimapolitik, in den Verhandlungen mit Iran und in Sachen Nato geben. Ein Handelsabkommen ist erst mal nachrangig, eine gemeinsame China-Politik gilt nach der Unterzeichnung eines EU-China-Abkommens als schwierig.

Sein Corona-Plan

«Wir sind noch immer im dunklen Winter der Pandemie. Es wird erst schlechter, bevor es besser wird», warnte Biden am Donnerstag bei der Vorstellung seiner Corona-Strategie. Einreisende müssen künftig einen negativen Test vorweisen und in Quarantäne. Bei Reisen zwischen den US-Bundesstaaten gilt eine Maskenpflicht. Zudem rief Biden alle Amerikaner auf, in den nächsten 100 Tagen generell Maske zu tragen. In dieser Zeit sollen auch 100 Millionen Impfdosen gespritzt werden. Als Chefberater hat Biden erwartungsgemäss den Virologen Anthony Fauci (80) berufen.

Sein Vorgänger

Als erster US-Präsident seit 152 Jahren war Trump nicht bei der Vereidigung seines Nachfolgers dabei, düste vorher ab in seinen Golfklub Mar-a-Lago in Florida. Ob er da dauerhaft bleiben darf, ist allerdings unklar: Laut Berichten der «New York Times» hat er 1993 einen Vertrag mit Palm Beach unterzeichnet, dass er das Anwesen nicht als Hauptwohnsitz nutze. Noch droht Trump die Amtsenthebung. Repräsentantenhaus-Sprecherin Nancy Pelosi (80) reicht die Anklage wegen «Anstiftung zum Aufruhr» am Montag im Senat ein, der Impeachment-Prozess soll in der zweiten Februarwoche starten.

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