Schweizer René Tobler vor Ort: «Xi'an ist eine Geisterstadt»
Coronavirus fegt chinesische Städte und Strassen leer

Die Angst vor dem Coronavirus ist auch in der chinesischen Stadt Xi'an zu spüren, dem Wohnort des Schweizers René Tobler. «Xi’an ist eine Geisterstadt», sagt er. Die Strassen seien leer, Einkaufsläden und Restaurants geschlossen.
Publiziert: 28.01.2020 um 22:10 Uhr
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Aktualisiert: 28.08.2024 um 11:24 Uhr
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René Tobler steht mit seiner Tochter Nicole mitten auf einer leeren Strasse in Xi'an.
Foto: zVg
Karin Frautschi

Die Strassen sind leer, die Restaurants geschlossen, kein Mensch ist zu sehen. Seit Freitag steht die Stadt Xi’an in der zentralchinesischen Provinz Shaanxi still. Obwohl die Stadt 800 Kilometer von Wuhan entfernt ist, spürt man auch dort die Angst vor dem Coronavirus.

Am letzten Freitag melden die Behörden, dass die Buslinie zum Flughafen per sofort gestoppt wird. Seit dem Sonntag fahren keine Taxis mehr. Die Bevölkerung wird angewiesen, zuhause zu bleiben. Mittendrin: Der Schweizer René Tobler. «Xi’an ist seither eine Geisterstadt», sagt er zu BLICK. 

Eingangskontrolle bei Wohnsiedlungen

Er wohnt mit seiner Frau Xiao Xiao Wang (38), Tochter Nicole (8) und seiner Schwiegermutter in einer Siedlung mit rund 5000 Bewohnern. Auch dort werden Sicherheitsmassnahmen getroffen. «Eigentlich kann man die Siedlung durch vier Eingänge betreten. Drei davon sind zurzeit gesperrt, nur durch den Haupteingang kann man rein und raus.» Dieser werde rund um die Uhr von Sicherheitsleuten bewacht. «Bei jeder Person, die die Siedlung betreten will, wird Fieber gemessen. Ist die Körpertemperatur zu hoch, wird sie sofort am Eingang gestoppt.»

Die Familie Tobler nimmt die Situation gelassen. «Wir bleiben einfach zuhause. Zurzeit bringen wir unserer Tochter das chinesische Spiel Mah-Jongg bei. Das traditionelle Spiel ist hier so beliebt wie das Jassen in der Schweiz.» Da seine Schwiegermutter am Donnerstag gross eingekauft habe, hätten sie für die nächsten Tage zum Glück auch genügend Nahrungsmittel.

Kein einziges Restaurant war offen

Wegen des Coronavirus sei zurzeit fast alles geschlossen. «Wir haben eine App auf dem Handy, mit der man Essen von Restaurants nach Hause bestellen kann. Meistens kann man zwischen 150 und 200 Restaurants auswählen. Als wir am Montag etwas bestellen wollten, war kein einziges Restaurant im Umkreis von zwei Kilometer geöffnet.»

Auch das Chinesische Neujahrsfest am 24. Januar verlief nicht wie geplant. Gefeiert haben sie zwar – jedoch nur zu viert: «Eigentlich wäre unsere Schwägerin mit ihrer Familie zu uns gekommen. Sie wohnen 45 Minuten entfernt und hätten mit der Metro fahren müssen. Aus Angst, dass sie sich in der Metro anstecken könnten, haben wir entschieden, dass sie nicht kommen.»

«Die Behörden versuchen alles, um das Virus einzudämmen»

Am Montag wagt sich der Schweizer auf die verlassenen Strassen. «Normalerweise fahren Hunderte von Autos herum, momentan sieht man nur vereinzelt ein einziges Auto auf der Strasse. Wenn man auf dem Trottoir an einer anderen Person vorbeiläuft, machen beide einen Schritt zur anderen Seite, damit man niemandem zu nahe kommt.»

Ausserdem würden alle Menschen nur noch mit Masken herumlaufen. Auch Tobler ist etwas mulmig zumute: «Nach zehn Jahren in China habe ich am Donnerstag zum ersten Mal auch eine Maske angezogen.»

Der Schweizer kommt ursprünglich aus Walenstadt SG. Vor ein paar Jahren holte er seine Frau Xiao Xiao Wang in die Schweiz und führte mit ihr ein chinesisches Restaurant. Letztes Jahr mussten sie dieses aber schliessen und kehrten zurück nach China, in die Heimatstadt seiner Frau

Desinfektionsmittel versprüht

Wegen des Coronavirus wird die chinesische Stadt zurzeit gesäubert. «Am Samstag flogen mehrere Helikopter über Xi’an und haben eine Art Desinfektionsmittel versprüht. Die Behörden versuchen alles, um das Virus einzudämmen.» Über WeChat, ein chinesischer Chat-Dienst, erhalte man jeweils neue Informationen von den Behörden.

Zum Beispiel seien die Neujahrsferien wegen des Virus bis zum 3. Februar verlängert worden. Auch die Schule gebe klare Anweisungen: Wenn Kinder während den Ferien ausserhalb von Xi’an waren, müssen sie sich nach ihrer Rückkehr untersuchen lassen. Erst dann dürfen sie wieder zur Schule.

Angst vor dem Coronavirus hat René Tobler nicht. «In unserer 10-Millionen-Stadt haben wir bisher 16 bestätigte Fälle von Infizierten. Das ist nichts im Vergleich zu den Einwohnerzahlen. Zudem sind Vorsichtsmassnahmen vorhanden und alle halten sich daran.»

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