«Mit 15 Jahren traf ich die Entscheidung, eine militärische Laufbahn einzuschlagen», sagt Ewa Skoog Haslum (54). 39 Jahre später ist sie die Chefin der schwedischen Marine. In ihren Aufgabenbereich fällt der Schutz des schwedischen Teils der Ostsee. In Zeiten des Ukraine-Kriegs eine heikle Aufgabe. «Wir haben auf jeden Fall mehr zu tun», sagt sie.
Vergangene Woche sorgten Explosionen bei den Gasleitungen Nord Stream 1 und 2 in der Ostsee für Wirbel. Verschiedene Lecks wurden entdeckt. Ein Sabotageakt? Hätte jemand unbemerkt Sprengstoff anbringen können? «Die Ostsee hat eine Fläche von mehr als 377'000 Quadratkilometern. Es ist daher nicht möglich, jeden Ort zu jeder Zeit zu überwachen», stellt Haslum im Interview mit dem «Spiegel» klar.
So würde der Ernstfall aussehen
Zurzeit laufen die Untersuchungen. Die schwedische Marine steckt mittendrin: «Die Küstenwache ist für die Ermittlungen auf See zuständig. Im Moment unterstützen wir sie am Tatort. Wir haben mehrere Marineschiffe vor Ort. Zu den genauen Aufgaben kann ich mich nicht äussern.»
Dafür erzählt sie, wie der Ablauf bei einer möglichen Konfrontation mit russischen Streitkräften aussehen würde. «Bevor sie eine bestimmte Grenze überschreiten, werden sie gewarnt. Sollten sie den Kurs beibehalten, haben wir festgelegte Einsatzregeln. Jeder befehlshabende Offizier auf jedem Schiff weiss, was er zu tun hat. Diese Regeln kommen von der Regierung.»
«Der Krieg hat unser Bild von Russland verändert»
Die 3200 Personen in der schwedischen Marine lassen Russland nicht aus den Augen. «Wir wissen genau, was sie dort tun.» In letzter Zeit verhielten sich die Russen ruhig. Provokationen wurden keine registriert.
Trotzdem ist man in Schweden von Russland enttäuscht: «Der grausame Krieg, den Russland in der Ukraine führt, hat unser Bild verändert. Wir hätten das Land gern als eines gesehen, das für den Frieden in der Ostsee einsteht. Aber stattdessen erleben wir jetzt ein Land, das eine andere Richtung eingeschlagen hat.»
Auch deshalb will Schweden seine Flotte ausbauen. «Das schwedische Verteidigungsbudget soll innerhalb kurzer Zeit stark steigen.» Die längste Küstenlinie Europas verteidigt sich nicht von selbst. Der baldige Nato-Eintritt dürfte zusätzliche Entspannung bringen. Aber: «Noch sind wir kein vollwertiges Nato-Mitglied. Entsprechend kann alles passieren. Die Situation ist schwierig, dennoch mache ich mir keine grossen Sorgen.» (nab)