Mit einem riesigen Konzert und einem gigantisch-protzigen Festakt inklusive einer Rede von Kreml-Chef Wladimir Putin (69) persönlich, feierte Russlands Elite am vergangenen Freitag die Annexion der besetzten ukrainischen Gebiete Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja.
Zur grossen Feier «eingeladen» wurden vor allem Staatsangestellte sowie Studenten. Die meisten davon folgten der Einladung nicht ganz freiwillig. Wie das unabhängige russische Nachrichtenportal Meduza schreibt, seien den Studenten aufgebesserte Noten für schwierige Fächer versprochen worden. Die Staatsangestellten hingegen hätten eine «dringende Empfehlung» erhalten, auf den Roten Platz zu kommen.
Massive Sicherheitsvorkehrungen
Ohne spezielle Einladung in Form eines Flyers sei eine Teilnahme allerdings gar nicht möglich gewesen. Die Flyer waren ausschliesslich für Personen vorgesehen, die Putin und den Krieg in der Ukraine unterstützen. So wollte der Kreml-Chef wohl spontane Kundgebungen bei dem Festanlass verhindern.
Vor Ort sei die Stimmung dann allerdings alles andere als ausgelassen gewesen, berichtet Meduza. «Glauben sie (die Behörden Anm. d. Red.) wirklich, dass die Menschen aus Überzeugung hier sind?», habe etwa eine Frau gefragt. Ein anderer Mann habe gesagt: «Ich mache ein Foto und gehe nachher.» Sein Gegenüber habe geantwortet: «Ich kann das nicht so machen. Mein Chef ist vor mir in der Schlange.»
Aufgrund der massiven Sicherheitsvorkehrungen sei es nur sehr langsam vorwärtsgegangen. Deshalb hätten sich immer wieder Leute beschwert. «Am besten verfolgt man Veranstaltungen wie diese zu Hause vor dem Fernsehen», habe eine Frau gesagt.
In den Staatsmedien wurde die Menschenmenge als jubelnde Masse dargestellt. Laut Meduza hätten sich auf dem Platz selbst aber nur wenige Leute befunden. In den Bereich direkt vor der Bühne sei man nur mit einer Spezialeinladung gekommen. Freiwillige verteilten Putin-Fahnen, vor Ort gab es gratis Essen.
Auch Putin hielt eine Rede
Auf der Veranstaltung selbst wechselten sich mehr oder weniger bekannte Musiker mit der russischen Kriegspropaganda ab. Manche Menschen auf dem Platz hätten sich offen als Kriegs-Unterstützer bekannt, berichtet das Portal. Viele aber seien eher widerwillig vor Ort gewesen.
So seien etwa vier Busse mit Schulklassen aus Rjasan, einer Stadt rund 200 Kilometer südöstlich von Moskau, angereist. «Wir wollen einfach Moskau sehen. Der Rest ist uns egal», so einer der Schüler.
Nach einigen Stunden hätten die Menschen begonnen, sich zu langweilen. Erst nach der Ankündigung der Band Ljube sei «eine zunehmende Aufregung» zu spüren gewesen. Die Musiker von Ljube geben sich patriotisch und gelten als Lieblingsband von Russlands Präsident Putin. «Wenn die kommen, dann kommt er auch», so ein Anwesender.
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Und tatsächlich liess es sich Putin nicht nehmen, noch eine Rede zu halten. Unter den «Russland! Russland!»-Rufen sprach der russische Präsident erneut über die Stärke Russlands.
Nach der Rede und der russischen Nationalhymne war die grosse Annexions-Feier beendet. Grosse Stimmung kam laut Meduza nicht auf. «Ich bin wegen der Musik gekommen», sagt ein Besucher. «Konzerte sind gut. Und daran ist nichts falsch.»