Säuberungswelle in vollem Gang
Putin lässt unzufriedene Generäle entfernen

Die Säuberungswelle ist in vollem Gang: Russlands Präsident Wladimir Putin geht gegen seine eigenen Kommandanten vor – weil diese unzufrieden sind.
Publiziert: 18.07.2023 um 02:28 Uhr
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Aktualisiert: 18.07.2023 um 08:36 Uhr
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Wladimir Putin duldet keine Kritik an seiner Kriegsführung.
Foto: keystone-sda.ch

Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin (62) sprach vor seinem Aufstand aus, was viele Kommandanten und Generäle in der russischen Armee eint: Sie sind unzufrieden mit der Führung, unzufrieden mit dem Nachschub, mit der Logistik, mit dem Mangel an Munition.

Jetzt berichten Experten des amerikanischen Institute for the Study of War (ISW), dass das russische Verteidigungsministerium begonnen hat, widerspenstige und aufmüpfige Kommandanten «der kampffähigsten Einheiten und Verbände» zu entfernen. «Es scheint die Bemühungen zu beschleunigen», schreibt das ISW, gestützt auf russische Quellen.

Wichtige Kommandanten sind weg – oder verhaftet

Das Institut nennt diverse Kommandanten, die in Ungnade gefallen sind und von ihrem Posten entfernt wurden: Generaloberst Iwan Popow von der 58. Armee dürfte der prominenteste sein. Genannt werden auch Generalmajor Wladimir Seliverstow (106. Luftlandedivision), Generalmajor Alexander Kornew (7. Luftlandedivision), Generalmajor Ramil Ibatullin (90. Panzerdivision) sowie Oberst Sergej Karasew (31. Luftlandedivision). Zwei von Ibatullins Stellvertreter sollen gar festgenommen worden sein.

Generaloberst Popow hatte sich nach seiner Degradierung an seine Soldaten, seine «Gladiatoren», gewandt und eine minutenlange Audioaufnahme veröffentlicht. Er habe gar Putin selbst von den Fehlern der Armeeführung erzählen wollen – sei aber kurz darauf gefeuert worden. «Ich wies auf die wichtigste Tragödie des modernen Krieges hin – das Fehlen von Gegenfeuer, das Fehlen von Artillerie-Aufklärung und die massenhaften Verluste und Verletzungen unserer Brüder durch die feindliche Artillerie.»

«Mit wem werden wir Siege erringen?»

Gemäss ISW gehören die betroffenen Kommandanten zu diesen Einheiten, die eine wichtige Rolle bei der Verteidigung der russischen Stellungen innehalten. Dabei handle es sich um Schlüsselsektoren der Front in der Ukraine. Die Kommandanten seien dabei nicht durch Fehler, sondern wegen Ungehorsams entfernt worden. Wird die russische Armee also mit den Führungswechseln geschwächt?

Die russischen Kriegsblogger befürchten es. Der russische Kriegspropagandist Jurij Podoljak schreibt laut «Bild» auf Telegram: «Nach der Liste der bereits suspendierten Kommandanten zu urteilen (die intelligentesten sind suspendiert), sieht unser Generalstab nicht den Feind als grössere Bedrohung an, sondern die Untergrabung seiner eigenen Autorität, die er – seien wir ehrlich – unter den Armeeangehörigen schon seit langem nicht mehr hat.» Und er fügt an: «Mit wem werden wir Siege erringen?»

Die US-Experten des ISW schreiben nun, dass der Schuss für den Kreml nach hinten losgehen könnte: «Die sich verstärkende Dynamik des Ungehorsams unter den russischen Kommandanten in der Ukraine könnte andere Kommandanten dazu veranlassen, sich offener gegen die russische Militärführung zu stellen.» (neo)

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