Joe Biden (78) teilt gegen Wladimir Putin (68) aus. Einen «seelenlosen Mörder» nannte der US-Präsident seinen russischen Amtskollegen in einem am Mittwochmorgen auf «ABC» ausgestrahlten TV-Interview. Und drohte: Für Moskaus Einmischung bei der US-Wahl im November werde Putin «einen Preis bezahlen».
«Was Biden sagt, ist nicht überraschend», sagt die Russland-Expertin Tatjana Stanowaja (42) vom Think Tank «Carnegie Moscow Center» zu BLICK. «Und natürlich ist das eine riesige Beleidigung für Russland – das Putin-Lager wird sagen, dass das respektlos ist.» Die explosiven Biden-Aussagen würden in Russland heute sicher für viele Diskussionen sorgen. «Aber ich würde keine spektakuläre Reaktion vom Kreml erwarten.»
Also keine neue Eskalation zwischen den USA und Russland? «Nein, das wird kaum einen Einfluss auf die Beziehung der beiden Länder haben», sagt Russland-Expertin Stanowaja.
«Russland hatte keine Lust mehr auf Trump»
Sie schätzt, dass das Säbelrasseln eher national wichtig sei – für beide Seiten. «Für die russische Regierung ist es ein Spiel, und auch Biden spielt eins.» Der US-Präsident wisse genau, dass er solche Aussagen machen könne, ohne direkt einen offenen Konflikt zu provozieren. Für seine deutlichen Worte erhielt Biden in den sozialen Netzwerken bereits Applaus.
Der Kreml wiederum werde sich vor der eigenen Bevölkerung aufspielen, erwartet Russland-Expertin Stanowaja. Unterhaus-Chef Wjatscheslaw Wolodin (57) hat sich bereits zu Wort gemeldet und Biden «Hysterie» vorgeworfen.
Tatsächlich aber sei es Moskau gar nicht so Unrecht, dass Joe Biden die US-Wahl gewonnen habe – auch wenn der Putin-freundliche Kurs unter Trump damit vorbei sei.
«Russland hatte keine Lust mehr auf Trump. Die Zusammenarbeit war sehr schwierig und die Trump-Jahre praktisch vergeudet. Biden ist wenigstens stabil und vorhersehbar», analysiert die Expertin. Auch wenn ein US-Geheimdienstbericht gerade erst zu dem Schluss kam, dass sich Russland zugunsten des Ex-Präsidenten in die US-Wahlen eingemischt hat.
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Drohen neue Sanktionen?
Russland und die USA haben trotz der Unterschiede eine Vielzahl gemeinsamer Interessen. Dazu gehören unter anderem Rüstungskontrolle, internationale Sicherheit und Terrorismus-Bekämpfung.
Auch Joe Biden betonte trotz der deutlichen Worte, dass er weiterhin mit Moskau zusammenarbeiten wolle. Allerdings müsste es für die Wahl-Einmischung Konsequenzen geben. Welche das sein könnten, liess er offen. «Möglicherweise neue Sanktionen», sagt Stanowaja. «Der Kreml wird dann auf seine Weise reagieren.»
Erst Anfang des Monats hatte Biden wegen des Giftanschlags auf Kreml-Kritiker Alexej Nawalny (44) neue Sanktionen verhängt. Die Strafmassnahme richtet sich an sieben führende Regierungsmitglieder aus dem direkten Umfeld von Wladimir Putin. Russland kritisierte die Sanktionen und drohte mit Gegenmassnahmen.