Sleepy Joe? Von wegen! Der neue US-Präsident hat in den ersten fünf Wochen seiner Amtszeit nicht nur unzählige Dekrete erlassen, nun hat er mit seinem ersten Militärschlag in Syrien auch seine harte Hand gezeigt.
Der Luftschlag in der Nacht auf Freitag richtete sich gegen vom Iran unterstützte Milizionäre, nachdem vergangene Woche im irakischen Erbil US-Streitkräfte mit 14 Raketen angegriffen worden waren. Bei diesen Schlägen starb ein philippinischer Mitarbeiter eines US-Unternehmens, mehrere Menschen wurden verletzt.
Personal schützen
Bei ihrem Vergeltungsschlag haben die Amerikaner nahe der irakischen Grenze mit sieben Bomben drei Munitions-Lastwagen ins Visier genommen. Mindestens 22 Mitglieder pro-iranischer Milizen wurden getötet. Die meisten Opfer gehörten der Miliz Kataib Hisbollah aus dem Irak an.
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Pentagon-Sprecher John Kirby sagte: «Diese Operation sendet eine unmissverständliche Botschaft: Präsident Biden wird handeln, um das Personal der Amerikaner und der Koalition zu schützen. Gleichzeitig haben wir bewusst in einer Art und Weise gehandelt, die darauf abzielt, die Gesamtsituation in Ostsyrien und im Irak zu deeskalieren.»
Keine Spiele mit Biden
Wie muss man Joe Bidens (78) Militärschlag in Syrien einschätzen? James W. Davis (57), aus Connecticut stammender Politikwissenschaftler an der Uni St. Gallen, stellt Bidens Bombardierung in zwei Zusammenhänge.
Die Glaubwürdigkeit: US-Präsident Barack Obama (59) sei damals kritisiert worden, weil er Syriens Präsident Bashar al-Assad (55) nur gedroht, ihn aber bei Giftgas-Einsätzen nicht bestraft habe. Davis: «Biden zeigt nun, dass er bereit ist, militärisch einzugreifen, wenn US-Interessen im Spiel sind. Er zeigt, dass er einen eigenen Weg geht.»
Iran-Verhandlungen: Die USA stehen in der Phase, mit dem Iran das von Trump gekündigte Atomabkommen wieder aufzusetzen. Davis: «Biden will das neue Abkommen nicht nur auf die Urananreicherung und auf Bomben beschränken, sondern auf Trägersysteme, also Raketen, ausweiten.» Biden zeige Teheran, dass er nicht mit sich spielen lasse, sondern im Ernstfall handle.
Auch gegenüber Staaten wie Russland und Myanmar zeigt Biden Härte. In seinen ersten Kontakten verurteilte er gegenüber Wladimir Putin (68) «Russlands aggressive Aktionen» und forderte die myanmarische Armeeführung nach dem Putsch in Naypyidaw auf, die Macht sofort wieder abzugeben.
Schlägt Biden auch an andern Orten zu?
Ob Biden auch in andern Krisengebieten militärisch in die Offensive gehen wird, ist schwer abzuschätzen. Für Davis aber ist klar: «Wenn Leben und Interessen von Amerikanern auf dem Spiel stehen, wird Biden auch an andern Orten zu den Waffen greifen.»
Davis ist über den Angriff in Syrien alles andere als überrascht. «Trump hat Biden zwar despektierlich als Sleepy Joe bezeichnet. Joe Biden ist aber alles andere als eine Schlafmütze. Er ist ein nüchtern agierender Präsident mit einer nüchternen Einstellung.»