Putin spricht erneut von Atomangriff
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«Russisches Volk schützen»:Putin spricht erneut von Atomangriff

Russland-Experte Ulrich Schmid analysiert Putins Atom-Rede
«Es ist ein Ausdruck von Verzweiflung»

Immer wieder droht Wladimir Putin mit dem Einsatz von Atomwaffen in der Ukraine. Jetzt rudert der Kreml-Chef zurück. Er habe nie wirklich vorgehabt, Atomwaffen einzusetzen. Was steckt dahinter?
Publiziert: 28.10.2022 um 11:04 Uhr
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Aktualisiert: 28.10.2022 um 14:21 Uhr
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Wladimir Putin betonte während einer Rede, dass er keinen nuklearen Schlag auf die Ukraine plane.
Foto: IMAGO/SNA
Chiara Schlenz

«Wir brauchen keinen Atomschlag gegen die Ukraine. Es hat keinen Sinn – weder politisch noch militärisch.» Mit diesen Worten überrascht der russische Präsident Wladimir Putin (70) am Donnerstagabend während einer Rede bei einem Treffen des Waldai Clubs – einer Zusammenkunft von russischen und internationalen Journalisten, Politikern und Wissenschaftlern.

Kurz nach der deeskalierenden Aussage schiebt er jedoch eine seiner üblichen Drohungen nach: Laut der russischen Militärdoktrin sei ein Atomschlag gegen andere Nationen aber durchaus gerechtfertigt – «um die russische Souveränität und territoriale Integrität zu schützen und die Sicherheit des russischen Volkes zu gewährleisten.»

Warum spielt der russische Präsident mit dieser brandgefährlichen Rhetorik?

«Putin bleiben nur noch wenige Optionen offen»

«Die Drohung mit der Atomwaffe ist eine Waffe für sich alleine», sagt Ulrich Schmid (56), Professor für Kultur und Gesellschaft Russlands an der Universität St. Gallen, zu Blick. Auch wenn derzeit ein nuklearer Angriff Russlands auf das Territorium der Ukraine eher unwahrscheinlich erscheint – das atomare Damoklesschwert hängt so weiter über der Welt.

Dadurch kann Russland ein Stück weit verhindern, dass der Westen direkt in den Ukraine-Krieg eingreift oder weitere schwere Waffen in das Land sendet. «Es soll im Westen der Eindruck erweckt werden, dass Russland zu allem bereit ist.» Die Rhetorik wirkt: Am Donnerstagabend warnte US-Präsident Joe Biden (79) erneut vor einem russischen Atomschlag. «Aber wenn er nicht die Absicht hat, diese Waffen zu nutzen – warum spricht er immer wieder davon?», sagte Biden am Donnerstag im TV-Interview mit «News Nation».

Besonders in der aktuellen Situation seien Drohgebärden wie diese für den russischen Präsidenten unverzichtbar, so der Russland-Spezialist. «Es ist ein Ausdruck von Verzweiflung. Putin bleiben angesichts des prekären Kriegsverlaufs noch wenige Optionen offen.» Er müsse den Mythos der ‹zweitstärksten Armee der Welt› am Leben erhalten.

«Dreckige Bombe» sorgt für Aufsehen im Westen

Die «Bild» sieht noch eine andere Taktik hinter den Atomdrohungen: So soll der Westen dazu gezwungen werden, auf Verhandlungen mit Russland einzugehen und so ein Ende des Angriffskrieges zu erzwingen. Während diese Drohungen im Westen zumindest teilweise auf fruchtbaren Boden fallen, hält die Ukraine stand und betont: Auch ein Atomkrieg werde die ukrainischen Truppen nicht davon abhalten, für ihr Vaterland zu kämpfen.

Zuletzt sorgte der Vorwurf Russlands, die Ukraine baue eine «schmutzige Bombe» für Aufsehen. Russlands Verteidigungsminister Sergei Schoigu (67) hat vergangene Woche in einem Telefonat mit seinen französischen und britischen Amtskollegen behauptet, Kiew plane, einen solchen konventionellen Sprengsatz, der mit radioaktivem Material angereichert ist, auf dem eigenen Territorium zu zünden. Damit solle die Welt gegen Russland aufgewiegelt werden.

Bisher gibt es jedoch keine Indizien dafür, dass die ukrainische – oder auch die russische – Seite einen solchen Tabubruch anstreben.

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