Im Konflikt zwischen China und Taiwan ist seit Dienstagabend eine neue Eskalationsstufe erreicht. Entgegen aller Warnungen von chinesischer Seite landet die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi (82), in Taipeh. Für die Chinesen eine klare Provokation.
Deswegen lässt Peking jetzt die Muskeln spielen. Kurz nach Pelosis Landung kündigt die Regierung ein «grossflächiges, wichtiges Militärmanöver» an. Insgesamt fünf Regionen in den Gewässern vor Taiwan werden bis Sonntag geschlossen, China kündigte Militärübungen «inklusive Feuergefechtsübungen» an. Manche der Gebiete ragen dabei weit in die Hoheitsgewässer Taiwans hinein – eine klare Provokation und ein Novum im schwelenden Konflikt.
Dutzende Jets auf jedem Träger
In den Gebieten im Norden, Südwesten und Südosten der Insel werden in den kommenden Tagen Luft- und Wasserstreitkräfte gemeinsame Übungen durchführen, kündigte Oberst Shi Yi am Dienstag an. In der Taiwanstrasse, einer Meerenge im Westen der Insel, würden Feuerübungen und Raketentests durchgeführt, während im Osten ballistische Raketen getestet werden.
Für die Militärübungen steht China ein riesiges Arsenal an Waffen und Personal zur Verfügung. Mit der CNS Liaoning und der CNS Shandong wurden bereits zwei riesige Flugzeugträger vor Taiwan gesichtet. Auf jedem Flugzeugträger finden zwischen 24 und 32 Kampfjets sowie 12 Helikopter Platz. Jedes der Schiffe ist rund 300 Meter lang und 75 Meter breit.
Diverse Kampfjets im Einsatz
Über Taiwan wurden zudem in den vergangenen Stunden vermehrt chinesische Kampfjets gesichtet. Rund 4000 Kampfflugzeuge besitzt Peking, mehr als zehn verschiedene Typen stehen im Einsatz. Auf den beiden Flugzeugträgern etwa sind rund 50 Stück der Shenyang J-15 stationiert.
Diese sind seit 2013 im Einsatz und verfügen über hochmoderne Such- und Ortungssysteme sowie radarabsorbierende Materialien, um sie für den Feind unsichtbar zu machen. Bestückt werden die Flugzeuge mit insgesamt 12 Mittel-, Kurz- oder Schiffsabwehrraketen.
Daneben stehen auch zahlreiche ältere Jets zur Verfügung. Die Chengdu J-7 etwa ist seit 1966 im Einsatz und wird nicht mehr produziert. Trotzdem gehen Experten davon aus, dass die J-7 noch immer den grössten Anteil an der chinesischen Kampfjet-Flotte einnimmt – rund 350 Stück sollen einsatzbereit sein.
Die J-7 erreicht Spitzengeschwindigkeiten von 2200 Kilometern pro Stunde und ist mit zwei Maschinengewehren sowie acht Halterungen für verschiedene Lenkraketen ausgestattet. Daneben finden sich an der J-7 auch vier Behälter für je 12 ungelenkte, kleinere Boden-Luft-Raketen.
Raketenwerfer werden getestet
Für die Tests im Westen der Insel werden aller Wahrscheinlichkeit nach verschiedene Raketenwerfer aufgeboten. Denkbar ist etwa der Einsatz der PHL-Serie. Weit über 1000 Stück hat die chinesische Armee in kampfbereitem Zustand. Der PHL-03 Raketenwerfer etwa kann mit 12 Raketen gleichzeitig bestückt werden, jede fliegt zwischen 70 und 130 Kilometer weit.
Mit kleineren Raketen sollen aber auch Ziele in bis zu 450 Kilometern erreicht werden können. Das würde reichen, um die rund 180 Kilometer breite Meerenge zwischen China und Taiwan zu überwinden.
Chinesen haben auch Interkontinental-Raketen
Im Osten der Insel werden gemäss Angaben der chinesischen Regierung kleinere Raketen getestet. Welche genau, ist aber völlig unklar. Neben kleinen Raketen verfügen die Chinesen aber auch über riesige Interkontinental-Raketen, die eine Reichweite von bis zu 13'500 Kilometern aufweisen.
Das neuste Modell ist die Dongfeng 41. Diese kann mit zehn bis zwölf Sprengköpfen ausgestattet werden, auch nukleare Sprengköpfe sind möglich. Sie besitzt eine Reichweite von bis zu 15'000 Kilometer und ist damit laut Experten die Rakete mit der grössten Reichweite.
Daneben sind auch die Dongfeng 31 und die Dongfeng 26 weiterhin in Betrieb. Diese weisen eine Reichweite von etwa 5000 bis 8000 Kilometer auf. Wie viele die Chinesen davon genau in Betrieb haben, ist geheim. (zis)