Reiche Welt schaut für sich, Chinesen liefern Impfstoffe auch an ärmere Länder
Pekings «Impf-Diplomatie»

Kein Land der Welt produziert mehr Covid-Impfstoffe als China. Die hergestellten Mengen reichen aus, um Länder weltweit mit den Impfmitteln zu beliefern – oftmals als Spenden. Peking versucht sich mittels «Impf-Diplomatie» als Wohltäter zu profilieren.
Publiziert: 13.02.2021 um 02:05 Uhr
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Aktualisiert: 08.04.2021 um 16:45 Uhr
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Weltweit herrschen Lieferengpässe im Wettrennen um Covid-Impfstoffe. Nicht so in China.
Foto: Getty Images

Rund um den Erdball herrscht Gerangel um Impfstoffe. Produktionskapazitäten sind am Anschlag, die Nachfrage übersteigt das Angebot um ein Vielfaches. Das Nachsehen haben ärmere Länder. In die Bresche springt China, der mutmassliche Ursprungsort der Coronavirus-Pandemie. Im Rahmen seiner «Impf-Diplomatie» schickt China Covid-Impfmittel rund um den Erdball. Oftmals als Spenden. Doch Pekings vorgebliche Grosszügigkeit ist nicht ohne Hintergedanken.

Kanada ist ein letztes Opfer beim weltweiten Wettlauf um Zugriff auf Corona-Vakzine. Die Kanadier erhalten bestellte Mengen nicht, weil die Pharmamultis Pfizer und Moderna laut der «Daily Mail» Impfstofflieferungen aus Europa zurückgefahren haben. Dies auf Druck der EU, die gegen die Exporte von Impfstoffen vorgeht, um ihre eigenen strauchelnden Impfkampagnen zu retten.

Doch Kanada ist noch privilegiert, hat genügend Mittel, um mittelfristig ausreichend bestellte Impfstoffe zu erhalten. In einer weit schwierigeren Lage sind ärmere Länder. Ohne grosszügige Hilfe Chinas wären Impfkampagnen vielerorts noch ferne Zukunftsmusik.

Chinesische Überproduktion

China hat in Rekordzeit rechtzeitig enorme Produktionskapazitäten geschaffen und stellt derzeit Mengen her, die den Eigenbedarf noch übersteigen. Obwohl China bloss 0,09 Prozent der bestätigten Corona-Fälle weltweit aufweist, hat das Land bereits 26,77 Prozent aller weltweit verfügbaren Impfungen im eigenen Land verabreicht.

Mit Sinopharm, Sinovac und Cansino gibt es drei chinesische Hersteller, die ihre klinischen Tests zu ihren Impfstoffen gegen Sars-CoV-2 weitgehend abgeschlossen haben. Zwei hätten ihren Impfstoff bereits in mehreren Ländern eingeführt, der dritte dürfte bald folgen, schreibt aerzteblatt.de. Über die Schutzwirkung der Impfstoffe gebe es unterschiedliche Angaben, da die Ergebnisse der Phase-3-Studien noch nicht publiziert wurden.

Doch China produziert wie verrückt. Und diese Überproduktion dient offenbar guten Zwecken: Während Gesundheitsbehörden auf der ganzen Welt um Nachschub ringen, haben inzwischen drei weitere Länder angekündigt, dass sie noch in diesem Monat Lieferungen von chinesischen Coronavirus-Impfstoffen erwarten. Bolivien, die Philippinen und Ungarn bestätigten am Donnerstag, dass sie im Februar Hunderttausende von Dosen aus China erhalten.

Mexiko hat unterdessen zwei Millionen chinesische Dosen erhalten, während Serbien diese Woche eine weitere halbe Million Dosen aus China erhielt – dies nach der Lieferung von Impfmitteln für eine Million Injektionen im Januar.

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Wohltäter Peking

Damit sorgt China dafür, dass Vakzine nicht einseitig vorab in der reichen Welt verimpft werden. Chinas drei führende Hersteller von Covid-19-Impfstoffen haben Verträge mit rund 20 Ländern abgeschlossen, darunter auch Chile, Kambodscha und die Türkei. Einige der in dieser Woche angekündigten Lieferungen umfassten auch gespendete Dosen, wie die Hongkonger Zeitung «South China Morning Post» berichtet. So erhalten Bolivien, Brunei, Laos und die Philippinen Hunderttausende von Dosen gratis von den Chinesen, damit diese Länder ihre Impfprogramme rascher umsetzen können.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entfielen drei Viertel der bis Mittwoch weltweit verabreichten 128 Millionen Dosen auf zehn Länder, die zusammen 60 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung ausmachen. Die WHO rief die Staats- und Regierungschefs dazu auf, «über ihre Grenzen hinauszuschauen».

Die WHO unterhält eine eigene globale Impfstoff-Verteilungsplattform namens Covax. Die zielt darauf ab, die am stärksten gefährdeten Menschen zur gleichen Zeit zu impfen, egal wo sie leben. Peking, das sich mit seiner «Impfstoff-Diplomatie» als globaler Wohltäter zu profilieren versucht, hat Covax letzte Woche zehn Millionen Impfdosen zugesagt.

Keine klinischen Daten zu China-Wirkstoffen

Im Austausch für Hilfe erwartet China gewöhnlich auch bevorzugte Behandlung. Länder, die zum Beispiel Chinas Menschenrechtskatalog kritisieren, haben schon gar kein Anrecht auf chinesische Impfstoffe.

Unklar bleibt die Wirksamkeit der China-Mittel. Obwohl die Gesundheitsbehörden der Empfängerstaaten die Impfstoffe zugelassen haben, veröffentlichen die chinesischen Entwickler keine klinischen Daten zu ihren Wirkstoffen gegen Covid-19. (kes)

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