Alle Restaurants und Geschäfte sind offen
Wie Serbien gelernt hat, mit Corona zu leben

Serbien geht einen ganz anderen Weg als Europa. Alles ist offen, es gibt genug Impfstoff. Die entspannte Lage zieht viele Europäer nach Belgrad. Im Strassencafé machen sie Homeoffice, als gäbe es keine Viruskrise. Wie schaffen die Serben das?
Publiziert: 07.02.2021 um 10:54 Uhr
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Aktualisiert: 07.02.2021 um 21:30 Uhr
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Viele im Gesundheitswesen in Serbien tragen diesen Button mit der Aufschrift: «Ich bin geimpft. Und du?»
Foto: AFP

Während die meisten europäischen Länder durch einen zweiten Lockdown gehen – vereinzelt gar durch einen dritten –, geht Serbien einen ganz anderen Weg. Im Impf-Spitzenreiter Europas hat es viel Impfstoff und alles ist offen. Die Bevölkerung scheint gelassen und die Zahlen sind nicht viel schlechter als im Europa der Einschränkungen.

Zu Gast im Balkanland war unlängst die österreichische «Kronenzeitung». Entstanden ist ein faszinierender Bericht darüber, wie die Serben mit der Corona-Krise umgehen. Die Unterschiede zum restlichen Europa wirken wie Tag und Nacht. Die Gründe: Serbien hat sich frühzeitig mit Impfstoffen aus allen Ländern eingedeckt, sogar aus China und Russland. Heute fährt das Land einen «Soft-Lockdown». Alles ist geöffnet, schliesst aber früher. Kinos und Geschäfte schon um 17 Uhr. Restaurants, Clubs und Bars dürfen nur bis 20 Uhr offen haben.

Die Folge dieser Massnahmen: Menschen flanieren und geniessen in den Strassencafés die Wintersonne. Masken werden getragen und auf den Mindestabstand von eineinhalb Metern wird geachtet. Und das Leben scheint seinen gewohnten Gang zu gehen, fast wie in der Zeit vor Corona.

«Balance war immer das Wichtigste»

Zoran Radojicic, Bürgermeister der 1,3-Millionen-Metropole Belgrad, will die Lage nicht beschönigen und spricht von einer grossen Herausforderung. «Von Beginn der Pandemie an bis heute war Balance in unserem Kampf gegen Corona das Wichtigste.» Man habe «ständig versucht, das Gleichgewicht zwischen strengeren Massnahmen und Lockerungen zu halten – und das richtige Timing für die richtigen Entscheidungen zu finden». Menschen hätten sich rückblickend als sehr verantwortungsbewusst erwiesen.

Die laxen Massnahmen der Regierung werden auch kritisiert. So sei laut Medizinern eine dramatisch hohe Anzahl an Ärzten verstorben, während Restaurantbesitzer klagen, dass man auch unter den laschen Auflagen noch leide. Die Zahl der Gäste sei während der Krise zurückgegangen. Es gebe mehr Sicherheitsvorgaben, die Arbeitszeiten hätten sich verkürzt. Immerhin, räumt eine Restaurantbesitzerin ein, gebe es noch Arbeit.

Viele Europäer ziehts nach Belgrad

Inzwischen hat sich Serbien über die Grenzen hinaus einen Ruf als Land geschaffen, das so tut, als wäre alles normal. «Hier tun wir alle so, als würden wir ein ganz normales Leben leben», sagt die Gastronomin. Aus ganz Europa kämen viele Menschen nach Belgrad, um hier ihr Homeoffice im Café einzurichten. «Sie können von hier aus online arbeiten. Sie schätzen die lockere Atmosphäre bei uns in Serbien im Vergleich zu anderen Ländern in Europa.»

Serbiens Gesundheitsminister Zlatibor Loncar (49) zählt nicht ohne Stolz auf, was sein Land bezüglich Covid-Massnahmen erreicht habe. Bezüglich Durchimpfung liege Serbien in Europa an zweiter Stelle nach Grossbritannien – weltweit an siebter Stelle. «Ausserdem sind wir ein Land mit einer der geringsten Sterberaten», so Loncar. «Hier hat nichts geschlossen, Restaurants, Geschäfte, Cafés, alles ist offen. In anderen Ländern können Sie gar nicht erst ausgehen oder vielleicht nicht einmal spazieren gehen. Beurteilen Sie selbst.» (kes)

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