Seit Wochen steht Deutschlands Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (56, SPD) wegen ihrer Untätigkeit in Bezug auf den Ukraine-Krieg unter Druck. Dass sie Waffenlieferungen in die Ukraine immer wieder hinauszögerte, machte die dortige Regierung sauer. Am Mittwochabend meldeten dann mehrere Medien, dass die Ministerin endlich eine neue Waffenlieferung für die Ukraine vorbereite.
Das Problem: Die Sendung wurde überhaupt nicht mit der Regierung in Kiew abgestimmt. Dabei telefonierte Lambrecht noch am Mittwochnachmittag mit ihrem ukrainischen Kollegen Olexij Resnikow (55) – und hätte da die Möglichkeit dazu gehabt. Die Folge: Die Ukraine braucht mittlerweile ganz andere Waffen, wie die «Welt» berichtet.
Denn auf der Liste, die Lambrecht anbieten will, stehen unter anderem 2650 Anti-Panzer-Raketen vom Typ «Matador» – jene Waffen, die die Ukraine längst direkt beim Hersteller in Deutschland bezogen hat. Die ukrainische Regierung ist verärgert.
Mehrfach angefragt
In der Ukraine verzweifelt man immer mehr an der langsamen Reaktionszeit des deutschen Verteidigungsministeriums. Die Bundesregierung hatte schon rund drei Wochen vor Beginn der Invasion eine Liste mit Waffenbedarf erhalten.
Doch anders als andere westliche Verbündete lieferte Deutschland nichts, aus Angst, die Beziehungen mit Russland zu gefährden. Als Putins Truppen dann tatsächlich in die Ukraine einmarschierten, wurden zum ersten Mal Waffen geliefert – danach passierte aber wieder lange nichts. Dabei hatte die Ukraine am 3. März erneut eine aktualisierte Bedarfsliste nach Berlin geschickt.
Andere Waffen benötigt
Inzwischen dauert der Krieg über einen Monat an. Die ukrainische Regierung hat nun erneut eine aktuelle Bedarfsliste zusammengestellt. Der Grund: Die russische Armee hat ihre Taktik geändert und vermeidet inzwischen wenn möglich den Nahkampf. Ukrainische Stellungen werden mehrheitlich aus kilometerweiter Entfernung beschossen.
Deshalb brauche man andere Waffen, unter anderem Aufklärungs- und Kampfdrohnen, Artillerieaufklärungsradar sowie elektronische Systeme zur Abwehr von feindlichen Drohnen und Flugzeugen.
Auf Prioritätenliste weit oben
Das Verteidigungsministerium hat sich zu der Pannen-Liste nicht geäussert. Nur so viel: «Die Bundeswehr hat und wird die Ukraine auch in Zukunft bestmöglich in ihrer militärischen Ausstattung unterstützen, sofern Abgaben aus Beständen der Bundeswehr mit der eigenen Einsatzbereitschaft in Übereinstimmung zu bringen sind», stellte eine Sprecherin klar.
Immerhin: Laut «Spiegel» befinden sich auf der vom Verteidigungsministerium angekündigten neuen Liste auch Kleindrohnen zum Ausschalten von Mobilfunksignalen. Diese stehen auf der Prioritätenliste der Ukrainer relativ weit oben. (bra)