Wladimir Putin (69) wollte sich gestern Abend offenbar an die Russen – und an den Westen – wenden. Die russischen Staatsmedien berichteten am Dienstag stundenlang atemlos über die bevorstehende Rede.
Noch um 21:37 Uhr Moskauer Zeit schrieb Margarita Simonyan (42), die Chefin des staatlichen Fernsehsenders RT auf Telegram: «Warten Sie?» 42 Minuten später schreibt sie: «Gehen Sie ins Bett.» Eine offizielle Erklärung des Kremls blieb aus.
Über Stunden liess Putin die Welt warten – und dann fand die zunächst angekündigte Rede gar nicht statt. Laut Gerüchten soll sie nun am Mittwochmorgen statt am Dienstagabend stattfinden. «Stehen Sie gegen 8 Uhr auf», schreibt Dmitri Smirnow, ein kremlnaher Journalist. Der russische Top-Propagandist Wladimir Solowjow (58) schreibt auf Telegram nur ein Wort: «Morgen!»
«Gehen Sie ins Bett»
Offiziell sollte es in der ausserordentlichen Aussprache um die «Referenden» gehen, die die russischen Besatzer in vier ukrainischen Regionen über den Beitritt zu Russland für Freitag geplant hatten.
Diese Referenden könnten wie 2014 bei der Krim der Vorbote für die Annexion des Gebiets durch Russland sein. Sollte Moskau die Gebiete annektieren, könnte Putin erklären, dass weitere Angriffe auf diese Regionen als Angriff auf Russland selbst betrachten werden.
Was Putin jedoch sonst noch mitteilen will, ist bislang bloss Stoff für Spekulationen. Es kursierten Gerüchte, dass er eine Eskalation des Krieges ankündigen könnte. Das hatte er letzte Woche in einer Pressekonferenz angedeutet und angedroht.
Ankündigung zu «Referenden» und Annexion?
Ein weiterer für die Vermutung: Am Dienstag verabschiedete das russische Parlament ein Gesetz, mit dem die Begriffe «Mobilmachung» und «Kriegsrecht» in das russische Strafgesetzbuch aufgenommen wurden. Darauf folgten Spekulationen darüber, dass Putin offiziell den Krieg und eine Generalmobilmachung erklären könnte.
Das befürchtet offenbar auch die Ukraine. «Leute, die keine Rede halten können, haben sich vorgenommen, eine Mobilmachung zu organisieren», schrieb Oleksiw Arestowitsch (47), ein Berater des ukrainischen Präsidenten, auf Twitter.
Und Sergei Markow (64), ein kremlnaher Analyst, vermutet auf Telegram: «Je länger sich der angekündigte Auftritt von Präsident Putin verzögert, desto schwerwiegender werden die darin enthaltenen Ankündigungen sein.»
Sorge vor weiterer Kriegseskalation