Aus Hass gegen die Massnahmen sollte er sterben: Michael Kretschmer (46), Ministerpräsident von Sachsen (D). Sechs Corona-Skeptiker formierten sich auf Telegram und äusserten Pläne, den 46-Jährigen zu ermorden.
Bevor es so weit kam, schaltete sich die Justiz ein. Am Mittwoch rückten Einsatzkräfte zu Hausdurchsuchungen bei sechs Verdächtigen aus. Dabei wurden Waffen wie Armbrüste gefunden wurden, wie die Polizei in Dresden mitteilte. Sachsens Innenminister Roland Wöller (51) sprach anschliessend mit Bezug auf die Verdächtigen von «klar rechtsextremistischen Umtrieben».
Die Beschuldigten gehören nach Angaben der Ermittler zu einer Telegram-Chatgruppe, die sich vor dem Hintergrund der Massnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie über Pläne für die Ermordung von Kretschmer und anderen Mitgliedern der sächsischen Regierung ausgetauscht haben soll. Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt demnach wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gegen die Mitglieder der Gruppe.
«Schlag gegen den Rechtsextremismus»
Nach Angaben des sächsischen Landeskriminalamts (LKA) durchsuchten Beamte am frühen Mittwochmorgen fünf Objekte in Dresden sowie eine weitere Anschrift in der Nachbargemeinde Heidenau. Wegen einer möglicherweise von den Verdächtigen ausgehenden Gefahr waren auch Spezialkräfte beteiligt. Laut LKA wurden dabei unter anderem Armbrüste sowie Waffen und Waffenteile beschlagnahmt.
Ob diese schussfähig und als scharfe Waffen einzustufen sind, muss demnach aber noch untersucht werden. Wöller sprach nach der Razzia in Dresden von Beweismitteln, die akribisch ausgewertet werden müssten. «Die Ermittlungen stehen am Beginn», sagte er. Es sei ein «klares Signal, ein Schlag gegen den Rechtsextremismus».
Plattform für die Verbreitung von Hass und Hetze
Kretschmer kündigte am Mittwoch ein konsequentes Vorgehen gegen Extremisten an. Bedrohungen gegen Amtsträger, Journalisten und Wissenschaftler seien «nicht hinnehmbar, werden nicht geduldet und werden mit aller Kraft verfolgt», sagte er beim Besuch eines Impfzentrums in Leipzig. «Ich bin froh, dass der Rechtsstaat heute im Freistaat Sachsen gezeigt hat, wie wehrhaft er ist.»
Telegram gerät als Plattform für die Verbreitung von Hass und Hetze und wegen mangelnder Kooperation mit deutschen Behörden zunehmend ins Visier der Politik. Der Dienst mit Firmensitz in Dubai firmiert bislang als sogenannter Messengerdienst und ist als solcher theoretisch nicht vom Netzwerkdurchsuchungsgesetz betroffen, das Betreiber sozialer Netzwerke ab Februar 2022 dazu verpflichtet, alle rechtswidrigen Inhalte aus dem Bereich der Hasskriminalität an das Bundeskriminalamt zu melden.
Telegram müsse «belangt werden können»
Angesichts der teils enormen Grösse von Chatgruppen auf Telegram und deren Rolle bei der Massenkommunikation wird aber auch der Dienst inzwischen zunehmend als soziales Netzwerk gewertet, für den die Vorgaben letztlich ebenso gelten müssten. Daher werden nun Ergänzungen in dem Netzwerkdurchsuchungsgesetz gefordert.
Auch die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser (51) kündigte kürzlich ein härteres Vorgehen gegen Telegram an. Der sächsische Innenminister Roland Wöller bekräftigte am Mittwoch, es gebe in diesem Bereich «Regelungslücken». Auch Telegram müsse «belangt werden können». Die Sicherheitsbehörden bräuchten für Ermittlungen auch Klarnamen. Es sei Aufgabe der Bundesregierung, dafür zu sorgen. (jmh/AFP)