Im Kampf um die ukrainische Hafenstadt Mariupol haben russische Truppen offenbar einen britischen Ex-Marine verhaftet. Der Brite Shaun Pinner (48) ist in einem Propaganda-Film des russischen Verteidigungsministeriums aufgetaucht, berichtet «Daily Mail».
Pinner diente laut einem Statement seiner Familie unter anderem als UN-Soldat in Bosnien. Seit 2018 lebte er in der Ukraine und nahm dort eine aktive Rolle in der ukrainischen Armee ein. Ausserdem heiratete er seine heutige Frau Larysa, die aus der Ukraine stammt.
In dem Propaganda-Interview erzählt Pinner, er habe sich gemeinsam mit Soldaten in Mariupol verschanzt. Am vergangenen Dienstag hätten sie sich dann entschieden, das umzingelte Fabrikgelände zu verlassen. «Wir hatten nicht viel Zeit zum Überlegen», so Pinner.
Bitte um Gefangenenaustausch
Was anschliessend passierte, ist nicht ganz klar. Das russische Fernsehen blendet zwar Untertitel ein, der Originalton mit Pinners Stimme ist allerdings nicht zu hören. Glaubt man den Untertiteln, brach laut Pinner «Panik und Chaos» aus. «Alle rannten in verschiedene Richtungen. Dann wurde ich gefangen genommen.»
In dem Interview bitten Pinner sowie Aiden Aslin, ein weiterer britischer Gefangener, zudem um einen Gefangenenaustausch. Die beiden Männer wenden sich hierfür direkt an den britischen Premierminister Boris Johnson und bitten ihn darum, ihre Freilassung zu verhandeln. Im Gegenzug solle die Ukraine Putins Handlanger und ukrainischen Oppositionellen Wiktor Medwedtschuk (67), der sich zurzeit in ukrainischer Gefangenschaft befindet, an die Russen ausliefern.
Tatsächlicher Austausch noch unklar
Nahezu zeitgleich veröffentlichte der ukrainische Inlandsgeheimdienst ein Video Medwedtschuks, in dem dieser um seinen Austausch gegen die verbliebenen ukrainischen Verteidiger und Bewohner Mariupols bittet. Medwetschuk ist in der Ukraine wegen Hochverrats angeklagt und gilt als enger Vertrauter Putins.
Ob der Austausch tatsächlich stattfinden wird, ist unklar. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44) bot Russlands Präsident Wladimir Putin (69) bereits in der vergangenen Woche an, Medwetschuk gegen ukrainische Kriegsgefangene auszutauschen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte daraufhin erklärt, Medwedtschuk sei «kein russischer Staatsbürger».
Welches Schicksal dem Briten Pinner droht, ist ungewiss. Gemäss Informationen vom Samstag wird er nun durch das russische Untersuchungskomitee befragt. Sein Schicksal liegt nun in den Händen der russischen Behörden. (zis/AFP)