Nach Massaker in Butscha
«Man gewöhnt sich an die Leichen»

Anfang April gingen die Bilder von hingerichteten Zivilisten in Butscha um die Welt. Seither ist im Kiewer Vorort noch keine Normalität eingekehrt. Im Gegenteil: Noch immer werden Leichen gefunden. Nur wenige Bewohner wagen bisher den Wiederaufbau.
Publiziert: 18.04.2022 um 11:23 Uhr
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Aktualisiert: 18.04.2022 um 11:24 Uhr
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Die Russen sind weg – doch noch ist im ukrainischen Butscha noch keine Normalität eingekehrt. Hier: Eltern begraben ihren Sohn.
Foto: keystone-sda.ch

Zerstörte Häuser, ausgebrannte Fahrzeuge und gefesselte Leichen am Strassenrand: In der ukrainischen Stadt Butscha haben russische Soldaten vor ihrem Abzug ein Massaker veranstaltet. Die schrecklichen Bilder aus dem Kiewer Vorort gingen um die Welt und sorgten für Entsetzten. Rund 300 Zivilisten sollen ermordet worden sein – noch immer werden Leichen gefunden. Derzeit werden die Toten aus den Massengräbern exhumiert.

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Seit die Russen kamen, ist in Butscha alles anders. Die meisten Bewohner sind geflohen. Wer hier anhält, kommt in der Regel, um sich das Grauen anzuschauen, oder posiert für Selfies vor den zerstörten russischen Militärfahrzeugen. Dennoch gibt es eine kleine Gruppe, die versucht, die Rückkehr zur Normalität zu ebnen.

«Ich sah die Strasse mit den Leichen»

Einer davon ist Denis Dawidow; er blieb während der gesamten Besetzung in der Stadt. Als die Russen abzogen, wagte er sich zurück nach draussen und wurde mit dem ganzen Ausmass des Schreckens konfrontiert. «Ich sah die Strasse mit den Leichen. Ich ging einfach um sie herum, und sie waren überall. Ich hatte keine Angst, aber es war intensiv», sagt er gegenüber der «BBC». Er habe sich im Laufe des Monats an die leblosen Körper gewöhnt.

Vor einigen Tagen kamen auch Sergei und seine Frau nach Butscha zurück. Jetzt versuchen sie und ihre Nachbarn, ihre beschädigten Häuser wieder aufzubauen. «Du willst immer wieder nach Hause kommen», sagt er im Interview mit der Rundfunkanstalt.

Doch die Russen haben nicht nur eine Spur der Zerstörung hinterlassen, sondern auch unzählige Granaten, die nun weggeräumt werden müssen. Nicht ungefährlich – denn rund um Kiew befinden sich noch immer schätzungsweise um die 3000 Blindgänger.

Getötet, weil er Nawalny hiess

Vom Schrecken in Butscha zeugt auch der Tod von Illja Nawalny (†60). Wie die Zeitung «Bild» berichtet, wurde der Mann aus Butscha von russischen Soldaten mit einem Kopfschuss getötet, als er gerade eine Zigarette rauchen wollte. Sein Pass wurde neben seiner Leiche gefunden, vermutlich wurde er kurz vor den tödlichen Schüssen kontrolliert.

Bekannte von ihm wollen den Grund für die Hinrichtung kennen: Das Opfer hatte den gleichen Nachnamen wir der bekannte russische Oppositionelle Alexej Nawalny (45), der derzeit in einem Straflager inhaftiert ist.

Der Bürgermeister der Stadt, Anatolij Fedoruk sagte in einem Interview am Montag: «Wir haben gezählt: Jeder Fünfte, der unter den Besatzern in der Stadt blieb, wurde getötet. Und ich persönlich empfinde, wie Tausende meiner Mitbürger, Hass auf diejenigen, die die Zivilisten von Butscha gefoltert und ermordet haben.»

Als Völkermord eingestuft

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Das ukrainische Parlament hat die Gräueltaten der russischen Armee letzte Woche offiziell als «Völkermord» eingestuft. Ein entsprechender Entschluss wurde am Donnerstag verabschiedet, wie das Parlament auf seiner Internetseite mitteilte.

Der Genozid äussere sich dabei in den «massenhaften Gräueln» in den Kiewer Vororten Butscha, Borodjanka, Hostomel, Irpin und anderen Ortschaften. Darunter seien Morde, Entführungen, Folter und Vergewaltigungen von ukrainischen Bürgern. Zudem versuche Moskau, durch die komplette oder teilweise Blockade von Städten Teile der ukrainischen Bevölkerung auszulöschen. (bra)

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