Putin erhält im eigenen Land massiven Gegenwind. Am Dienstagmorgen haben Soldaten von mehreren russischen, aber pro-ukrainischen Bataillonen zu einem gemeinsamen Angriff geblasen. Laut Militärbloggern sind sie in die russische Grenzregion Belgorod und Kursk eingedrungen. Beteiligt seien Kämpfer der Legion der Freiheit Russlands, des Russischen Freiwilligenkorps sowie des Sibirischen Bataillons.
Laut Information von Ilja Ponomarjow (48), ehemaliger Abgeordneter der Duma und Putin-Kritiker, sollen die Rebellen die Kontrolle über das Grenzdorf Losowaja Rudka übernommen haben. Gefechte gab es laut t-online.de auch in der Region Kursk. In Belgorod wurde Luftalarm ausgelöst. Auch in Tjotkino soll es Angriffe gegeben haben.
Die staatliche Nachrichtenagentur Tass zitiert den russischen Sicherheitsdienst FSP mit der Aussage, dass russische Streitkräfte bei der «Abwehr von Einbruchsversuchen» 100 Menschen getötet und mehrere gepanzerte Fahrzeuge zerstört hätten.
Schlag vor den Wahlen
Dass die Rebellen gerade jetzt zuschlagen, hat wohl mit den Präsidentschaftswahlen zu tun, die von Freitag bis Sonntag in Russland abgehalten werden und als Schein-Wahlen gelten. Es steht jetzt schon fest, dass der amtierende Wladimir Putin (71) als Sieger hervorgehen wird.
Auf X hatte die Freiheitslegion Russlands angekündigt, «zu den russischen Präsidentschaftswahlen zu gehen». Am Dienstag posteten die Kämpfer von der Grenze ein Video und sagten, dass sie als russische Staatsbürger das Recht hätten, ihren Willen auszudrücken. «Unser Wille ist es, einen blutigen Diktator nicht als russischen Präsidenten anzuerkennen.» Putin selber solle im Straflager «Polarwolf» eingesperrt werden, wo Kreml-Kritiker Alexei Nawalny (†47) im Februar gestorben ist.
Das Sibirische Bataillon meldete auf Telegram, dass man das «verbrecherische diktatorische Regime» nicht friedlich stürzen, sondern nur mit «der Waffe in der Hand» beseitigen könne.
Das sind die Rebellen-Truppen
Andri Jusow vom Nachrichtendienst des ukrainischen Verteidigungsministeriums bestätigte gemeinsame «Aktivitäten» von unabhängigen Einheiten. Jusow: «Auf dem Territorium der Russischen Föderation arbeiten diese Strukturen autonom, und die russischen Bürger, die ihnen angehören, befinden sich letztlich in ihrem Heimatland.» Das sind die Truppen:
Legion der Freiheit Russlands: Sie wurde kurz nach Kriegsbeginn gebildet und besteht aus Überläufern der russischen Streitkräfte sowie anderen russischen und belarussischen Freiwilligen, die zuvor in keiner Einheit waren. Man schätzt ihre Stärke auf gegen 1000 Mann.
Russisches Freiwilligenkorps: Es setzt sich aus russischen Soldaten zusammen, die seit 2014 für die Ukraine kämpfen. Sie schlossen sich im August 2022 zu einer Einheit zusammen. Chef ist der rechtsextreme Kampfsportler Denis Kapustin (40), genannt Denis Nikitin. Es soll gegen 200 Kämpfer zählen.
Sibirisches Bataillon: Es wurde 2023 in der Ukraine gegründet und wird in Kiew ausgebildet. Mitglieder sind vor allem ethnische Minderheiten aus Sibirien, die von Russland eine Unabhängigkeit anstreben. Ihre Stärke wird auf rund 60 Mann geschätzt. Kommandant ist der ehemalige Geheimdienstoffizier Wladislaw Ammosow.
«Russische Heimat befreien»
Immer wieder treten pro-ukrainische russische Gruppierungen im Ukraine-Krieg in Erscheinung. In einem Interview mit der «Times» erklärte ein Kämpfer mit dem Decknamen «Caesar» 2023, welche Waffen sich konkret in Besitz der Truppen befinden sollen. «Wir haben Mörser, gepanzerte Fahrzeuge, Stinger-Raketen, tragbare Panzerabwehrsysteme und eine hocheffektive Drohneneinheit zur Aufklärung», so «Caesar». Unabhängig überprüfen lässt sich das nicht.
Zudem sagte «Caesar» auch, dass alle Mitglieder der «Legion der Freiheit Russlands» russische Staatsbürger seien. «Wir sind keine Bande von Kriminellen oder eine private Militärfirma wie Wagner. Wir kämpfen innerhalb der Struktur der ukrainischen Streitkräfte.» Demnach wolle man «die russische Heimat befreien».