Die führenden Präsidentschaftsbewerber der US-Republikaner mit Ausnahme des hoch favorisierten Ex-Präsidenten Donald Trump (77) sind bei einer ersten Fernsehdebatte gegeneinander angetreten. Bei der vom rechten Nachrichtensender Fox News ausgetragenen Diskussionsrunde warben unter anderem Floridas Gouverneur Ron DeSantis (44), der frühere Vizepräsident Mike Pence (64), die frühere Uno-Botschafterin Nikki Haley (51) und New Jerseys Ex-Gouverneur Chris Christie (60) um die Gunst konservativer Wähler.
Doch nicht, dass der grosse Abwesende ungehört blieb. Zeitgleich zur Debatte stellte auch der ehemalige Fox-Moderator Tucker Carlson (54) sein Interview mit Trump auf X (ehemals Twitter) online.
Mitkandidaten seien «Belästigung»
Dabei versuchte Trump, die Aufmerksamkeit von seinen Gegnern mit niedrigeren Umfragewerten abzulenken. «Soll ich eine Stunde oder zwei Stunden – oder was auch immer es sein wird – dort sitzen und von Leuten belästigt werden, die nicht einmal für das Amt des Präsidenten kandidieren sollten?», so Trump. «Sollte ich das tun?» Der Sender Fox sei ihm sowieso «nicht besonders freundlich gesinnt».
Neben typisch republikanischen Themen fragte Carlson seinen Gast auch, was er vom Tod des wegen Sexualverbrechen angeklagten Finanziers Jeffrey Epstein (1953–2019) halte. Den amtierenden Präsidenten Joe Biden (80) bezeichnete Trump als den «schlechtesten Präsidenten in der Geschichte der Vereinigten Staaten».
Trump machte auch keine Versuche, zu verschleiern, dass er sein Interview als Konkurrenzveranstaltung zu der TV-Debatte seiner republikanischen Rivalen ansieht. Er erwarte für das Interview auf diesem «verrückten Forum» wahrscheinlich «bessere Einschaltquoten» als für die Debatte, sagte der Ex-Präsident. Prompt: Innerhalb der ersten Stunde wurde Trumps Carlson-Interview von 74 Millionen Leuten angeklickt.
Rekord-Vorwahlenvorsprung
Trump hatte seine Absage mit seinem grossen Vorsprung auf seine parteiinternen Rivalen in Umfragen begründet. Der 77-Jährige ist trotz seiner massiven Justizprobleme mit inzwischen vier Anklagen der haushohe Favorit im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner.
Der Ex-Präsident kommt in Vorwahl-Umfragen laut einem von der Website Realclearpolitics berechneten Durchschnitt auf rund 55 Prozent der Stimmen. Das sind mehr als 40 Punkte Vorsprung auf den zweitplatzierten DeSantis, der auf rund 14 Prozent kommt. Einen solchen Umfragevorsprung hat es bei Republikaner-Vorwahlen seit mehr als 40 Jahren nicht gegeben.
Harte Wortgefechte
An der Fox-Debatte in Milwaukee im nördlichen Bundesstaat Wisconsin nahmen auch der Biotech-Jungunternehmer Vivek Ramaswamy (38), Senator Tim Scott (57), North Dakotas Gouverneur Doug Burgum (67) und Arizonas früherer Gouverneur Asa Hutchinson (72) teil. Sie stritten dabei unter anderem über die Staatsverschuldung, den Klimawandel und das Abtreibungsrecht.
Die Bewerber gingen sich teilweise hart an und fielen sich immer wieder gegenseitig ins Wort. «Ich habe heute Abend schon die Nase voll von einem Kerl, der klingt wie ChatGPT», sagte etwa Christie über den 38-jährigen Ramaswamy, der es in Umfragen zum Bewerberfeld überraschend auf den dritten Platz geschafft hat und der häufig mit markigen Äusserungen das Wort ergriff.
Wenig Kritik an Trump
Die meisten Politiker auf der Bühne hielten sich auffällig zurück mit Kritik am früheren Präsidenten, der sich in vier Strafverfahren verantworten muss und am Donnerstag vor Gericht in Georgia erwartet wird. Ramaswamy, ein Unternehmer, der hinter DeSantis auf Rang drei der Umfragen liegt, sagte gar, dass Trump für ihn der beste Präsident des 21. Jahrhunderts gewesen sei. Sollte er selbst ins Weisse Haus einziehen, werde er ihn im Falle einer Verurteilung begnadigen, sagte der 38-Jährige.
Vorsichtige Kritik gab es vom früheren Vizepräsidenten Pence, dem einstigen Stellvertreter Trumps, von der früheren Uno-Botschafterin Haley sowie von South Carolinas Senator Scott. Einzig Christie, der mutmasslich chancenlose Ex-Gouverneur von New Jersey, griff Trump deutlicher an.
Langwieriger Wahlprozess
Die über mehrere Monate verteilten Vorwahlen der Republikaner beginnen am 15. Januar im Bundesstaat Iowa. Der Vorwahlsieger wird bei der Präsidentschaftswahl am 5. November 2024 Amtsinhaber Joe Biden herausfordern. Der 80-jährige Politiker der Demokratischen Partei bewirbt sich um eine zweite Amtszeit. (AFP/kes)