Er steigt aus dem Auto aus. Gegelte Haare, enge Hosen. Er wirft einen grauen Mantel übers elegante, dunkle Jackett. Robert Krajmer wirkt wie ein Model zwischen all den dick eingemummten Polizisten an diesem Montagmorgen vor einem Häuschen in der Ortschaft Velka Maca.
«Konkrete, polizeiliche Gründe»
Es ist das Häuschen, in dem der Journalist Jan Kuciak (†27) und seine Verlobte Martina Kusnirova (†27) am Abend zuvor erschossen aufgefunden wurden. Ein Doppelmord.
Umso verwunderlicher, dass Krajmer am Tatort auftaucht. Denn er ist Chef der nationalen Antikorruptionseinheiten (NPKJ) der Slowakei. Gewaltverbrechen und Mord fallen nicht in seinen Aufgabenbereich.
Am gestrigen Montag hatte Polizeipräsident Tibor Gaspar noch erklärt: «Herr Krajmer», sei dort «aus gewissen, konkreten polizeilichen Gründen gewesen, die mit der Aufklärung der Kriminalsache zusammenhängen». Gaspar versicherte zugleich: «Er ging weder in den Hof, noch ins Haus.»
Wie erfuhr Robert Krajmer von dem Mord?
Eine glatte Lüge: Videomaterial, das «TV Joj» am Dienstagabend ausspielte, zeigt: Krajmer geht sehr wohl in den Hof, marschiert dann in Richtung Haus. Ob er eintritt, ist im Video wegen des Kamerawinkels nicht zu sehen.
Das Polizeipräsidium rudert nun zurück und erklärt, die Aussage Gaspars sei ungenau gewesen. Dennoch stellt sich weiterhin die Frage: Was wollte Krajmer dort?
Denn schliesslich waren Verbindungen zwischen dem Mord an Kuciak und dessen Recherchen zu Korruption und Mafia erst ruchbar geworden, nachdem der oberste Korruptionsbekämpfer Krajmer am Tatort gewesen war. Und: Wie bekam Krajmer überhaupt Wind von der Polizei-Aktion?
SMS an wichtige Beamte und Verbindungen im Thermalbad
Dazu gibt es verschiedene Ansätze. Kuciak könnte abgehört worden sein, besagt eine Theorie. Deshalb sei ein möglicher Zusammenhang mit Korruptionsdelikten an Krajmer gemeldet worden.
Eine andere wird von einem erfahrenen Redaktor der News-Plattform aktuality.sk gestützt: «Die mächtigen Leute bei der Polizei und im Innenministerium schreiben einander SMS, wenn etwas Wichtiges passiert.» Daher seien auch schon vorher in der Kriminalgeschichte der Slowakei hohe Beamte plötzlich an einem Tatort aufgetaucht.
Eine dritte aber rückt Krajmer in ein anderes Licht: Seine Frau Maria Krajmerova sitzt im Vorstand eines Thermalbads. Unternehmer Zoroslav Kollar und Oligarchensohn Norbert Bödör sind am Thermalbad beteiligt oder sassen im Vorstand, wie «aktuality.sk» schrieb. Zu Bödör hatte Kuciak viel recherchiert und veröffentlicht. Etwa, dass Polizeichef Tibor Gaspar einst mit einer Firma Räumlichkeiten in einer Immobilie Bödör gemietet hatte.
Die Rechte Hand des Polizeipräsidenten
Besteht da also ein Zusammenhang – ein Zusammenhang zwischen Oligarchensohn Bödör, dem Mord an Journalist Jan Kuciak, dem Polizeipräsident Tibor Gaspar und dem obersten Korruptionsbekämpfer Robert Krajmer?
Das glaubt zumindest Igor Matovic von der oppostionellen, popolustischen Partei Olano. Auf einer Pressekonferenz sagte Matovic am Dienstag an den Polizeipräsidenten gerichtet: «Wegen Ihrer Rechten Hand, Krajmer, der am Ort des Verbrechens war, wegen Ihnen misstrauen die Menschen der Polizei.» Matovic fragte weiter, warum man bei Krajmer keine Razzia durchführen habe lassen.
Dieser hat nun Anzeige erstattet. Wegen übler Nachrede.