Er äussert nicht den geringsten Anflug von Selbstüberschätzung. Während Nato-Chef Jens Stoltenberg (64) eben warnte, dass «wir uns auf einen langen Krieg in der Ukraine vorbereiten müssen», sieht sich der ehemalige US-Präsident Donald Trump (77) als Heilsbringer. Er werde Wladimir Putin (70) und Wolodimir Selenski (45) an einen Tisch und zu einem Friedensabkommen bringen.
Trump hat wiederholt damit geprahlt, den Ukraine-Krieg innert Tagen zu beenden, sollte er die US-Präsidentschaftswahlen 2024 gewinnen und ins Weisse Haus zurückkehren. Auch bei einem am Sonntag ausgestrahlten Interview mit dem US-Sender NBC gab sich Trump davon überzeugt, als US-Präsident den Krieg rasch und auf dem Verhandlungsweg beenden zu können.
Trump sagte, er könne nicht im Detail erklären, wie er das Ende des Kriegs zwischen Russland und der Ukraine anstreben würde. «Wenn ich es Ihnen genau sage, verliere ich all meine Verhandlungspunkte», so Trump. «Aber ich würde bestimmte Dinge zu Putin sagen», sagte Trump. «Ich würde bestimmte Dinge zu Selenski sagen.» Sowohl mit dem russischen als auch dem ukrainischen Präsidenten verstehe er sich gut.
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Gruss an Putin
Trump war es als US-Präsident auch gewesen, der den international geschmähten, nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un (39) gleich zweimal getroffen und damit eine jahrzehntelange US-Sanktionspolitik gegenüber Nordkorea unterbrochen hatte. Die Korea-Krise schien unter Trump vorübergehend entschärft.
Berührungsängste hat Trump keine – was er am Sonntag sogleich unter Beweis stellte: Im NBC-Interview richtete Trump einen direkten Gruss an Putin. Trump zeigte sich erfreut über eine Bemerkung, die der Kreml-Chef am Dienstag gemacht hatte, als Putin sagte: «Wir hören, dass Herr Trump sagt, er werde alle brennenden Fragen innerhalb weniger Tage lösen, einschliesslich der Ukraine-Krise. Wir können nicht anders, als uns darüber zu freuen.»
Trump zu NBC: «Nun, ich mag es, dass er das gesagt hat. Denn das bedeutet, dass das, was ich sage, richtig ist. Ich würde ihn in einen Raum holen. Ich würde Selenski in einen Raum holen. Dann würde ich sie zusammenbringen. Und ich würde einen Deal ausarbeiten lassen. Ich würde einen Deal aushandeln.» Doch, so Trump: «Es wäre viel einfacher gewesen, bevor es losging.»
Blutvergiessen vermeidbar, so Trump
Auf die Frage, ob er sich für ein Abkommen einsetzen würde, das es Putin erlauben würde, ukrainisches Territorium zu behalten, antwortete Trump kategorisch: «Nein, nein, nein, nein.» Er «würde einen fairen Deal für alle machen. Nein, ich würde es fair machen.»
Eine Eskalation mit Russland hätte aber vermieden werden können, zeigte sich Trump überzeugt. Dies, wenn sich Kiew bereit dazu erklärt hätte, Teile seines Territoriums aufzugeben.
Frieden zu bewahren, so Trump, wäre möglich gewesen, mit dem «Verlust von kleineren Gebieten, die Russland, seien wir ehrlich, bereits annektiert hat». Der Verlust von ukrainischem Territorium an Russland sei «etwas, das man hätte aushandeln können».
Frieden in 24 Stunden
Trump wiederholte seine Behauptung, dass er im Fall seiner Wahl im kommenden Jahr innerhalb von 24 Stunden ein Friedensabkommen aushandeln würde.
«Es wäre einfacher gewesen, wenn der Krieg nicht ausgebrochen wäre, dann wären Hunderttausende von Menschen am Leben geblieben», so Trump. «Aber ich kann es schaffen, und ich kann es schnell schaffen.»
Würde sich selbst wohl nicht begnadigen
In den USA steht Trump juristisch massiv unter Druck. Dieses Jahr wurden vier Strafverfahren auf Bundesebene gegen den ehemaligen US-Präsidenten eröffnet.
Theoretisch könnte Trump seine Amtsgeschäfte als gewählter US-Präsident auch aus einer Haftzelle vollführen. Sollte er das Weisse Haus zurückgewinnen, wäre Trump auch in der Lage, sich zu allen Bundesklagen zu begnadigen.
Eine Selbstbegnadigung im Fall seiner Wiederwahl will Trump nicht ausschliessen. Er sagt aber, das sei «sehr unwahrscheinlich». (kes)