Am Samstag fand in China die Abschlusssitzung des Parteitags der Kommunistischen Partei Chinas statt. Rund 2300 Delegierte haben eine Woche lang in der Grossen Halle des Volkes in Peking getagt.
Dabei kam es zu einem verstörenden Zwischenfall: Kurz vor Abschluss des Parteitags treten plötzlich Saalordner zu Xis Vorgänger, Hu Jintao (79). Er soll offenbar seinen Platz verlassen – gegen seinen Willen. Der Ordner greift unter seine Arme, versucht ihn gar, aus seinem Stuhl zu heben.
Schliesslich gibt Hu Jintao nach und wird von den beiden Männern von seinem Platz neben Staats- und Parteichef Xi Jinping (69) vom Podium geführt. Der ungewöhnliche Vorgang erfolgte kurz vor den Abstimmungen über die Änderung der Verfassung, mit denen die Leitideen und Führungsrolle von Xi Jinping noch weiter verankert wurden.
Angeblich aus gesundheitlichen Gründen
Unterdessen hat die staatliche Nachrichtenagentur berichtet, dass sich Hu «nicht wohl» gefühlt habe – deshalb sei er aus der Abschlusszeremonie geholt worden. «Der Xinhuanet-Reporter Liu Jiawen hat erfahren, dass Hu Jintao darauf bestand, an der Abschlusssitzung teilzunehmen … trotz der Tatsache, dass er sich in kürzlich Zeit genommen hat, um sich zu erholen», schreibt Xinhua auf Twitter.
«Als er sich während der Sitzung nicht wohl fühlte, begleiteten ihn seine Mitarbeiter aus gesundheitlichen Gründen in einen Raum neben dem Tagungsort, um sich auszuruhen. Jetzt geht es ihm viel besser.»
Trotzdem bleiben Fragen offen – wer veranlasste, dass er rausgeholt wurde? Hu selbst wirkte vom Auftauchen der Saalordner überrascht und wollte den Raum nicht verlassen. Zudem gilt Jintao nicht unbedingt als Unterstützer des heutigen Parteichefs.
Hu Jintao steht für das alte Modell
Der frühere Präsident hatte das Amt des Generalsekretärs nach zwei Amtszeiten 2012 an Xi Jinping übergeben. Hu Jintao steht für das alte «kollektive» Führungsmodell mit Vertretern verschiedener Fraktionen und mit Alters- und Amtszeitbegrenzungen, über die sich der 69-jährige Xi Jinping mit seiner dritten Amtszeit hinwegsetzen will.
Zum Abschluss sollen über eine weitere Amtszeit für Staatschef Xi Jinping als Generalsekretär der Partei abgestimmt werden. Das Ergebnis wird am Sonntag bekannt gegeben. Eine Wiederwahl des 69-Jährigen für eine historische dritte Amtszeit gilt als sicher.
China will «Streitkräfte von Weltklasse» aufbauen
Die Delegierten wählen die etwa 200 Mitglieder des Zentralkomitees, eine Art Parlament der Partei. Dieses Gremium ernennt seinerseits das 25-köpfige Politbüro und den allmächtigen Ständigen Ausschuss - die höchste Führungsriege - sowie den Generalsekretär.
Der Parteitag hat nun Xi Jinpings Ideologie weiter in der Verfassung verankert. In dem Beschluss hiess es, durch Xi Jinping als «Kern des Zentralkomitees» und durch seine Theorien habe die Partei die Widersprüche und Probleme des Landes bewältigen können. Die Partei und China stünden vor einer komplexen Situation und schweren Herausforderungen, die in der Welt ihresgleichen suchten.
Der Kongress beschloss ferner, das Militär zu stärken und zu «Streitkräften von Weltklasse» aufzubauen. Auch sollten die Unabhängigkeitskräfte in Taiwan entschieden bekämpft werden, hiess es weiter. Die chinesische Führung betrachtet die demokratische Inselrepublik als Teil der Volksrepublik und droht mit einer Eroberung. Taiwan betrachtet sich hingegen längst als unabhängig.
Xi könnte mächtigster Führer seit Mao Zedong werden
Xi hatte 2018 die Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten auf zwei Perioden abgeschafft. Experten gehen deshalb davon aus, dass der 69-Jährige sich eine dritte Periode als Staats- und Parteichef sichern wird, was seine Position als Chinas mächtigster Führer seit Mao Zedong festigen wird.
Die Kommunistische Partei Chinas hält ihren Parteitag nur alle fünf Jahre ab. Er findet stets unter Ausschluss der Öffentlichkeit und dieses Jahr wegen der chinesischen Null-Covid-Politik unter strikten Vorsichtsmassnahmen statt.
(AFP/SDA)