Österreichs Ex-Kanzler und der Trump-Freund
Der Wirtschaftswuzzi

Sebastian Kurz wollte angeblich eine bessere Work-Life-Balance, nun heuert er beim milliardenschweren Internet-Investor Peter Thiel an. Ein Topjob mit Geschmäckle.
Publiziert: 01.01.2022 um 17:45 Uhr
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Neues Jahr, neue Aufgabe: Sebastian Kurz wird «Global Strategist» bei Thiel Capital.
Foto: Anadolu Agency via Getty Images
Fabienne Kinzelmann

Beim Anblick seines Sohnes hats klick gemacht. So begründete Österreichs Ex-/Schatten-/Nicht-mehr-/Vielleicht-bald-wieder-Kanzler Sebastian Kurz (35) seinen Ausstieg aus der Politik. Die Geburt habe sogar seine Wahlkämpfe getoppt. «Stundenlang» könne er sein Baby anschauen und sei darüber «froh und glücklich».

Vier Wochen später ist klar: Noch mehr toppt das offenbar ein Topjob 10’000 Kilometer von der Familie entfernt. Der zweifache Ex-Kanzler arbeitet ab diesem Jahr als «Global Strategist» beim Mega-Investor Peter Thiel (54) im Silicon Valley. Aus dem politischen Wunderwuzzi wird ein Wirtschaftswuzzi.

Der Wechsel von der Spitzenpolitik in die Teppichetage der Privatwirtschaft ist nicht ungewöhnlich – aber umstritten.

Mehrere europäische Spitzenpolitiker stellen sich heute in den Dienst russischer Staatskonzerne. Kurz’ Vorgänger Wolfgang Schüssel (76), Kanzler von 2000 bis 2007, etwa ist Aufsichtsrat des russischen Mobilfunkanbieters MTS sowie Mitglied im Board of Directors des russischen Mineralölkonzerns Lukoil.

In der Schweiz düpierte Moritz Leuenberger (75) mit seinem Sprung in den Verwaltungsrat von Implenia die Öffentlichkeit: Ausgerechnet der Baukonzern, der auch am Bau des Gotthardtunnels beteiligt war – Leuenbergers Prestigeprojekt als Verkehrsminister.

Kurz zu Thiel: «Grossartig, dich kennengelernt zu haben»

Kurz ist für seine Nähe zu Tech-Konzernen und Start-ups bekannt. Der Risikokapitalgeber Thiel hat einen Riecher für gute Geschäfte im Internet: Er war erster externer Geldgeber von Facebook, war Mitgründer des Online-Bezahldiensts Paypal und der Datenanalysefirma Palantir. (Zur Transparenz: Ringier, bei der auch der SonntagsBlick erscheint, unterhält eine strategische Partnerschaft mit Palantir.)

Thiel und Kurz kennen sich schon länger. Von der Münchner Sicherheitskonferenz 2017 teilte Kurz – damals noch Aussenminister – ein gemeinsames Foto auf Twitter: «Grossartig, dich kennengelernt zu haben. Danke für die Möglichkeit.»

Doch mit dem Managerjob taucht Kurz nicht nur in die aufregende Tech-Welt in Kalifornien ein, sondern auch ins Thiel-Netzwerk. Sein neuer Boss ist umstritten.

Trump-Finanzier mit klarer Wirtschaftsagenda

Wettbewerb ist was für Verlierer, und Firmen stehen über Staaten: Das ist, kurz zusammengefasst, Thiels Überzeugung. Thiel, der Anfang der 90er auch für die Credit Suisse arbeitete, rät Firmen zu einem rücksichtslosen Feldzug auf dem Weg zum Monopol.

Auch politisch treibt er seine Ideen voran. Bei den US-Halbzeitwahlen 2022 unterstützt er mehrere weit rechts stehende Republikaner. Der Trump-Kampagne 2016 spendete er 1,5 Millionen US-Dollar, gehörte zu Donald Trumps ersten Beratern.

Seither habe Thiel sein politisches Weltbild weiter verfeinert, heisst es in einem «Politico»-Artikel: «Ein Mischmasch aus Libertarismus und Nationalismus, das zu seinem Interesse an Kryptowährung, der Finanzierung von Einwanderungs-Hardlinern und der Unterstützung von Seasteading geführt hat – schwimmende autonome Ozeangemeinschaften, die keiner Regierung oder Steuern unterworfen sind.»

Das muss gar nicht so unattraktiv klingen für Sebastian Kurz. In Österreich wird gegen den jungen Altkanzler noch wegen des Verdachts auf Falschaussage sowie auf Beihilfe zur Untreue und Bestechlichkeit ermittelt. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft.

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