Öl-Lobby ist die stärkste Macht an der Klimakonferenz
Ausstieg aus fossilen Energien dürfte in weiter Ferne liegen

2450 Öl-Lobbyisten sind an der 28. Uno-Klimakonferenz in Dubai vor Ort. Dabei geht es ausgerechnet dort um ihr potenzielles Ende. Doch einfach wird der Ausstieg aus den fossilen Energien nicht.
Publiziert: 07.12.2023 um 19:32 Uhr
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Aktualisiert: 11.12.2023 um 07:55 Uhr
Sultan Ahmed al-Jaber steht an der COP28 im Fokus.
Foto: COP 28 via Getty Images
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Ausgerechnet in Dubai – einer Metropole, die ohne Erdöl-Geschäfte gar nicht existieren würde – soll der Ausstieg aus den fossilen Energien verabschiedet werden. Das zumindest ist das Ziel der 28. Klimakonferenz der Uno (COP28), die bereits seit einer Woche im Emirat läuft.

Bereits über 100 Teilnehmernationen unterstützen ein Herunterfahren der Öl- und Gasabhängigkeiten. Die Hoffnung ist so oder so, dass fossile Energien unattraktiv werden, wenn sich alle 200 Länder zu ihrem Ausstieg bekannt haben. Gleiches gelang übrigens 2021 auf der Uno-Klimakonferenz mit der Kohlenenergie. Seither verliert dieser Rohstoff – von ein paar Ausnahmen abgesehen – zusehends an Ansehen, wenn auch der Verbrauch hoch bleibt.

Bereits am Dienstag, eine Woche vor dem offiziellen Ende der Konferenz, liegt ein erster Entwurf des Abschlussberichts vor. 24 Seiten lang ist das Dokument, in dem es eigentlich nur um eins geht: den Anfang vom Ende von Öl und Erdgas. Schaffen sich die Öl-Riesen der Welt an der COP28 gerade selbst ab?

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Seit über einer Woche läuft die 28. Klimakonferenz der Uno.
Foto: AFP

Öl-Lobby stärkste Macht an COP28

Es sieht ganz danach aus. Denn der Abschlussbericht wäre wohl der grösste Meilenstein seit dem Pariser Klimaabkommen 2015. Aber: Der Text behält sich vor, diesen wichtigen Paragrafen kippen zu können. Klimaexperte Niklas Höhne sagt zur ARD-«Tagesschau»: «Viele Länder möchten sich ein Hintertürchen offen halten.» Das wollen auf der Konferenz gleich mehrere Staaten, darunter Saudi-Arabien, China und Russland. Sie blockieren bereits seit der letzten Konferenz vor einem Jahr eine entsprechende Entscheidung.

Zudem sind die Vertreter der Öl- und Gasindustrie bei der COP28 zahlenmässig stärker vertreten als die meisten nationalen Delegationen. Das zeigt eine Analyse von Uno-Daten durch mehrere gemeinnützige Organisationen. Die Aufschlüsselung der Teilnehmer ergab mehr als 2450 Personen, die als Vertreter des Sektors der fossilen Brennstoffe bezeichnet wurden. Ein Zeichen für die zunehmenden Bemühungen der Industrie, die Diskussion über die globale Klimapolitik zu beeinflussen. 

Logisch, denn: Sollte ein Ausstieg tatsächlich zustande kommen, geht es den fossilen Riesen an den Kragen. China braucht viel Öl und Gas, Russland und Saudi-Arabien verdienen mit den fossilen Rohstoffen einen beträchtlichen Anteil ihres Geldes. Ein radikaler Ausstieg wäre für sie fatal. Aber auch für die Firmen, die mit Öl und Gas handeln, würde es dann eng.

Wie ernst steht es um die fossilen Energien?

Wie düster es für das fossile Geschäft tatsächlich aussieht, zeigt auch der Vorsitzende von Exxonmobil, Darren Woods (58). Zum ersten Mal überhaupt tauchte er am Wochenende an der Uno-Klimakonferenz auf. Etwa, um sein Geschäftsmodell zu verteidigen? Laut ihm seien die Emissionen, nicht aber die fossilen Brennstoffe, das Problem. Und überhaupt könne Erdöl laut ihm durch Abscheidung und Speicherung (CCS) klimaneutral werden. Dies beschreibt den Prozess, bei dem CO2 direkt aufbereitet und gespeichert wird, ohne in die Umwelt zu gelangen.

Eine ähnliche Gedankenakrobatik versuchte auch Sultan Ahmed al-Jaber (50), COP28-Präsident und CEO des Ölkonzerns Adnoc, am Wochenende. Er behauptet, es gebe «keine wissenschaftlichen Erkenntnisse», die darauf hindeuten, dass ein Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen notwendig sei, um die Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen. Das berichtete der «Guardian» am Wochenende. Al-Jaber sagte auch, dass ein Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen keine nachhaltige Entwicklung ermöglichen würde, «es sei denn, man will die Welt zurück in die Steinzeit bringen».

In Erklärungsnot geraten, dementiert er diese Aussagen – und überrascht: Er hält nun einen Ausstieg und ein Herunterfahren von fossilen Energien für «essenziell». Er sei «ziemlich überrascht über die ständigen und wiederholten Versuche, die Arbeit der COP28-Präsidentschaft zu untergraben», so al-Jaber am Montag.

Doch auch wenn dieser Abschlussbericht ein symbolischer Meilenstein wäre und auch wenn die Öl-Giganten nervös werden: «Just stop oil» ist gar nicht so einfach. Denn im Jahr 2022 betrug der weltweite Verbrauch von Erdöl rund 97 Millionen Barrel pro Tag. In den vergangenen 50 Jahren hat sich der weltweite Erdölverbrauch verdreifacht. Davon wegzukommen, wird weiterhin ein schwieriges Unterfangen bleiben.

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