Drohnenaufnahmen zeigen riesiges Loch im Öltanker
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Nach Kollision in der Nordsee:Drohnenaufnahmen zeigen riesiges Loch im Öltanker

Öl-Drama in der Nordsee – Expertin nach Tanker-Kollision
«Gefährlich für den Menschen sind vor allem die Dämpfe»

Zwei riesige Schiffe kollidieren: Das eine Schiff transportierte Treibstoff, der jetzt unkontrolliert in die Nordsee treibt. Nicht das erste Mal fliessen Unmengen an Öl in die Weltmeere, doch was bedeutet dieser Zwischenfall für die Umwelt?
Publiziert: 11.03.2025 um 17:50 Uhr
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Aktualisiert: 10:50 Uhr
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Der Schaden ist gross. Die Angst vor einer Umweltkatastrophe ist grösser.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Öltanker und Containerschiff kollidieren in der Nordsee, Düsentreibstoff ausgelaufen
  • Öl gefährdet Meerestiere, Menschen und Umwelt durch Verklebung und Vergiftung
  • Ölbekämpfungsmethoden wie Barrieren und Verbrennung haben Nachteile und Einschränkungen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Natascha RuggliRedaktorin News Desk

Bringt das Jahr 2025 schon die erste Umweltkatastrophe mit sich? Am Montag ist der US-amerikanische Öl- und Chemikalientanker «Stena Immaculate» mit dem portugiesischen Containerschiff «Solong» zusammengekracht. Die Nordsee wurde zum Leidtragenden, genauer gesagt die Küste vor East Yorkeshire, England.

Was bestätigt wurde, ist folgende, erschreckende Tatsache: Ein Düsentreibstoff für Jets, der auf dem amerikanischen Schiff transportiert wurde, floss bereits ins Meer. So bestätigte es das verantwortliche Unternehmen Crowley der BBC. Mit welchen Konsequenzen muss man jetzt rechnen?

Öl darf nicht an die Küste gelangen

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die klebende Eigenschaft des Öles negative Auswirkungen auf die Tiere hat. Gefieder oder Felle verkleben. Das kann zu Vergiftung, Ertrinken oder sogar Erfrieren führen, heisst es in einem Dokument der Eawag, dem Wasserforschungsinstitut des ETH-Bereichs. Aber auch die Fische bleiben nicht verschont. Deren Kieme verkleben sich und hindern sie daran, Sauerstoff aufzunehmen. Hinzu kommt, dass das Öl giftig ist. Angenommen, die Lebewesen schlucken es, können sie daran verenden.

Man sollte deswegen auch verhindern, dass das Öl an die Küste kommt. Denn: «Wird das Öl an die Küste geschwemmt, werden auch die Strände und weitere Küstenlebensräume verunreinigt», erklärt Cornelia Kienle (45), wissenschaftliche Mitarbeiterin am Schweizerischen Zentrum für angewandte Ökotoxikologie, gegenüber Blick. 

Kienle sieht aber eine weitere Bedrohung im jetzigen Unglück: «Beim aktuellen Ölunglück besteht die Gefahr, dass neben Kerosin, ein Leichtöl, auch Schiffstreibstoff, der Schweröle enthält, ins Wasser gelangt.» Schweröl sei deutlich langlebiger und werde nicht so schnell abgebaut, weswegen die Umwelt länger belastet werde. 

Als Beispiel aus der Vergangenheit nennt Kienle die Havarie des Tankers Exxon Valdez vor Alaska im Jahr 1989, bei der grosse Mengen Rohöl ins Meer gelangt sind: «Sowohl die kurzfristigen als auch die langfristigen Auswirkungen auf Meereslebewesen waren enorm. Auch mehr als 30 Jahre später haben sich die Fischpopulationen noch nicht vollständig erholt.»

Höchstwahrscheinlich handelt es sich beim aktuellen Fall bei dem Treibstoff um JP8, ein Kerosin der US-Luftwaffe, der aufgrund seiner Eigenschaften weniger schädlich für den Menschen sein sollte. Wie verhält es sich aber in der Natur? «Ich könnte mir vorstellen, dass die langsamere Verdunstung von JP8 dazu führt, dass er auch länger an der Meeresoberfläche bleibt und somit länger akute Auswirkungen auf die Meereslebewesen dort haben kann», führt Kienle aus.

Mögliche Gefahr auch für den Menschen

Für Menschen ist das auch nicht ungefährlich – im Gegenteil. «Gefährlich für den Menschen sind vor allem die Dämpfe, die beim Brand freigesetzt werden», fasst Kienle zusammen. Aber auch das Öl an sich richtet Schaden an. Wie aus dem Dokument der Eawag hervorgeht, müssen Helfer Schutzausrüstungen tragen, um Ausschläge, die bei Berührung entstehen können, zu vermeiden. Der Verzehr von Fischen kann ebenfalls gefährlich werden. Diese können nach Kontakt mit dem Öl belastet sein.

Die Schadstoffe können sich ausserdem sehr lange in den Lebensräumen von Meeresbewohnern halten. Speziell in den Sedimenten lagert sich das Öl ab und hat einen negativen Einfluss auf die Entwicklung von Kleinkrebsen und Jungfischen. Nebst der Biodiversität, die verloren geht, ist es für die Fischer und den Tourismus eine finanzielle Katastrophe. Als Beispiel nennt Kienle die Explosion der Ölplattform Deepwater Horizon im Jahr 2010: «Sowohl die kurzfristigen als auch die langfristigen Auswirkungen auf Meereslebewesen waren enorm.»

Barrieren helfen nur bedingt

Doch wie hält man das Öl auf, wenn es einmal im Wasser ist? Wie kann man den Schaden möglichst gering halten? Die Eawag zeigt folgende Massnahmen: Tatsächlich gibt es Mittel, die den Ölteppich in Tröpfchen auflösen. Allerdings sind diese selbst nicht ganz umweltfreundlich und dementsprechend umstritten.

Am naheliegendsten sind Barrieren im Wasser. Sie haben aber auch einen grossen Nachteil. Sobald Wellengang herrscht, sind die Barrieren nutzlos – das Öl kann trotzdem an die Küste gelangen. Das Öl an der Wasseroberfläche zu verbrennen, ist ebenfalls nicht optimal. Die Gase, die freigesetzt werden, belasten die Atmosphäre.

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