«Nonstop Operationen»
Spitäler in Belarus wegen russischer Soldaten voll

In Belarus werden seit Beginn des Kriegs verwundete russische Soldaten behandelt. Deswegen sind die dortigen Spitäler am Anschlag. Die medizinische Unterstützung wirft ausserdem die Frage auf, ob Belarus ein offizieller Kriegskomplize von Russland ist.
Publiziert: 22.03.2022 um 21:08 Uhr
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In Belarus werden verwundete russische Soldaten operiert. (Symbolbild)
Foto: imago images/Shotshop

Belarussische Medien berichten seit Kriegsbeginn, dass russische Soldaten in Belarus medizinisch versorgt und dann nach Russland gebracht werden. Sogar der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko (67) bestätigt das Vorgehen. Ihm zufolge wurden nach den ersten fünf Kriegstagen 160 bis 170 russische Soldaten in Belarus behandelt.

Viele Verwundete werden in der Stadt Mosyr versorgt, wie vier Quellen der «Deutschen Welle» bestätigen. «Oft ohne Arme, Beine, Ohren, Augen», berichtet eine Quelle. Einige Soldaten würden zu spät eingeliefert werden, bei anderen könne man noch Gliedmassen retten. Zudem hätten viele seit Tagen nichts mehr gegessen, und wüssten nicht einmal, wo sie sich befänden. «Es sind Patienten des Jahrgangs 2003, aus armen Regionen Russlands. Eigentlich sind sie noch Kinder», so die Quelle.

«Mitarbeiter der Geheimdienste sind in Krankenhäusern»

Am häufigsten müssen die belarussischen Ärzte bei den Soldaten Gliedmassen amputieren, wie «Focus» berichtet. «Das Krankenhaus ist voll», sagt ein Augenzeuge, der darum bittet, den Standort geheim zu halten. Ihm zufolge werde in den Spitälern «nonstop operiert». Aber nicht nur Verwundete, sondern auch gefallene Russen werden nach Belarus gebracht. Konkrete Zahlen dazu gibt es jedoch nicht.

Viele der kontaktierten Ärzte lehnten laut der «Deutschen Welle» ein Gespräch über die Versorgung russischer Soldaten ab. Offenbar musste das Personal vor Ort eine Geheimhaltungsvereinbarung unterschreiben, wie zwei Mediziner erzählen. Die Belrusian Medical Solidarity Foundation, eine Nichtregierungsorganisation (NGO), berichtet darüber hinaus von einer strengen Kontrolle in den Spitälern: «Mitarbeiter der Geheimdienste KGB oder FSB sind direkt in den Krankenhäusern im Einsatz, alle Gebäude werden bewacht.»

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Viele Ärzte und Mitarbeiter der Spitäler hätten deswegen Angst, über die Zustände zu sprechen. Laut Angaben der NGO sind die Kliniken in Belarus aber voll, und es gibt sehr viele tote Soldaten.

Putin und Lukaschenko sind enge Freunde

Aber macht sich Belarus mit der medizinischen Hilfe eigentlich zum Kriegskomplizen von Russland? Politologe Siarhei Bohdan erklärt der «Deutschen Welle»: «Man muss allen Verwundeten helfen, egal welcher Armee sie angehören. Und zwar sowohl im Kampfgebiet als auch in dessen Nähe.» Dies sehe das humanitäre Völkerrecht im Falle eines Krieges vor. Die Hilfe für russische Soldaten sei somit eigentlich keine Komplizenschaft. Allerdings befindet sich Russland laut eigenen Angaben ja gar nicht im Krieg, weshalb die internationalen Konventionen so nicht greifen würden.

Bohdan ist der Meinung, dass die medizinische Hilfe so eine milde Form der Beteiligung zugunsten Russlands sei. Ausserdem findet er, dass sich Lukaschenko nicht am Einmarsch in die Ukraine beteiligen wolle und sich «mit aller Kraft» dagegen wehre. Wenn aber russische Militärausrüstung über belarussisches Gebiet in die Ukraine bewegt wurde, sei dies laut dem Politologen klar eine Komplizenschaft.

Kein Wunder: Schliesslich sind Putin und Belarus Machthaber Alexander Lukaschenko enge Freunde. Sie helfen sich gegenseitig. So schickte Putin im Februar 2021 seine Sonderpolizei nach Belarus, um dort Demonstranten, die gegen Lukaschenko auf die Strasse gingen, niederzuknüppeln. Nun hilft Belarus seinem grossen Bruder Russland. (obf)


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