Hitzewellen, Starkniederschläge und extreme Trockenheit: Der Mensch hat das Klima bereits heute katastrophal verändert. Was wir derzeit noch als Megadürre bezeichnen, könnte im Westen der USA und im Mittelmeerraum tatsächlich bereits ein neuer Normalzustand sein, wie das internationale Forschungsteam um Samantha Stevenson von der University of California in Santa Barbara am Montag berichtet. Bis Ende dieses Jahrhunderts werden die Durchschnittsbedingungen demnach auf rund 60 Prozent der weltweiten Landfläche in Bereiche fallen, die wir heute als extreme Dürren oder Überschwemmungen bezeichnen würden.
Müssen Extreme neu definiert werden?
Die Forschenden argumentieren, dass es angesichts dieser tiefgreifenden Veränderungen fraglich sei, ob die derzeitige Definition von Mega-Ereignissen noch Sinn mache. «Spricht man von Dürren, wird suggeriert, dass das Ereignis bald wieder vorbeigeht», sagt Mitautor und Klimawissenschaftler Flavio Lehner von der Cornell University.
«Wenn es sich aber um den neuen Normalzustand handelt, ist klar, dass man sich an die extrem trockenen Bedingungen langfristig anpassen muss», so der Forscher, der zuvor an der ETH Zürich tätig war, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Zudem ging aus der Studie hervor, dass der neue Normalzustand auch öfters als heute von schweren, kurzfristigen Niederschlagsereignissen und unmittelbar darauffolgenden, schweren Trockenphasen durchbrochen werden wird.
Blick in die Zukunft
«In vielen Gebieten macht es keinen Sinn mehr zu hoffen, dass es wieder sein wird wie früher», sagt Lehner. Deshalb sei es umso wichtiger, Bewässerungssysteme, Schutzwälle oder Staudämme nicht nur anhand von historischen Daten zu konzipieren, sondern auch Modelldaten in die Planung einfliessen zu lassen.
In den Klimamodellen rechneten die Forschenden mit einem «Worst-Case-Szenario», in dem sich die Erde um fünf Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit erwärmt. Derzeit steuert die Erde auf eine Erwärmung um rund drei Grad zu. «Halten wir diesen Kurs oder können die Erderwärmung gar noch stärker bremsen, werden die Auswirkungen nicht ganz so dramatisch sein wie in unserer Studie dargestellt», sagt Lehner. Aber die Trends blieben dieselben - die Dürren wären dann einfach nicht ganz so trocken, die Extremereignisse nicht ganz so häufig.
Dringender Handlungsbedarf
Erst Ende Februar betonte der Weltklimarat (IPCC) in seinem zweiten Teil des sechsten Sachstandberichts die Dringlichkeit zu handeln. Die Auswirkungen und Risiken des Klimawandels lassen sich demnach, in begrenztem Masse, abmildern, wenn sich Mensch und Natur an die veränderten Bedingungen anpassen - und die Treibhausgasemissionen jetzt drastisch gesenkt werden. Denn die Uhr tickt gemäss den Expertinnen und Experten.
Doppelte Klimaextreme: Eine Herausforderung für die Landwirtschaft
In einer ebenfalls am Montag veröffentlichten Studie nahm Lehner mit Kollegen, unter anderem der Universität Bern, die Auftretenswahrscheinlichkeit von sogenannten «doppelten Klimaextremen» unter die Lupe - quasi ein Doppelschlag von extremer Hitze und starker Dürre.
Während solche Doppelextreme Mitte des 20. Jahrhunderts statistisch gesehen alle 33 Jahre einmal vorkamen, wird dies in einer zwei Grad wärmeren Welt viermal häufiger der Fall sein. Das berichten die Forschenden im Fachmagazin «Nature Climate Change».
Die Schäden bei solchen kombinierten Extremereignissen potenzieren sich, was die Landwirtschaft vor grosse Herausforderungen stellt. Denn Hitze kurbelt die Verdunstung an, wodurch mehr Bewässerung nötig wäre - aber wegen der Trockenheit ist Wasser Mangelware.
Anhand der Simulationen fanden die Forschenden zudem heraus, dass die Niederschlagsmuster bestimmen werden, ob und wie häufig Dürreperioden und Hitzewellen gleichzeitig auftreten werden. Denn selbst bei einer Erwärmung von zwei Grad wird jede Dürre irgendwo auf der Welt von einer Hitzewelle begleitet werden.
Allerdings seien die Entwicklungen der Niederschlagsmuster mit grossen Unsicherheiten behaftet, weil die Dynamik vieler atmosphärischer Prozesse noch nicht gut verstanden sei. «Hier besteht noch grosser Forschungsbedarf, um die Häufigkeit von Doppelextremen noch zuverlässiger abschätzen zu können», sagt Lehner.
(SDA)