Sieben Wochen nach dem Schulmassaker in der texanischen Kleinstadt Uvalde mit 21 Todesopfern sind neue Videoaufnahmen von dem Blutbad öffentlich geworden. Am Dienstag von der Zeitung «Austin American-Statesman» und dem Lokalsender KVUE veröffentlichte Bilder einer Überwachungskamera zeigen unter anderem, dass sich Polizisten eine Stunde und 14 Minuten lang im Schulflur aufhielten, bevor sie den 18-jährigen Angreifer in einem Klassenzimmer erschossen.
Das Video zeigt, wie der Angreifer am 24. Mai um 11.33 Uhr die Grundschule betritt, auf die er zuvor bereits von aussen geschossen hatte. Es kommt zu einem dramatischen Moment: Während der mit einem Sturmgewehr bewaffnete 18-Jährige ohne erkennbare Eile in Richtung von Klassenzimmern läuft, kommt von einem anderen Flur ein kleiner Junge, sieht den Schützen von hinten – und rennt weg, als Schüsse fallen.
Als Schüsse fallen, rennen die Beamten weg
Zu hören sind Dutzende Schüsse. Um 11.36 Uhr sind dann die ersten eintreffenden Polizisten zu sehen. Einige von ihnen nähern sich dem Klassenzimmer, in dem sich der Schütze aufhält – rennen aber den Flur zurück, als der 18-Jährige wieder schiesst. In der Folge treffen immer mehr teils schwerbewaffnete Polizisten ein, ohne jedoch den Angreifer zu konfrontieren.
Um 12.30 Uhr ist sogar zu sehen, wie sich ein Polizist an einem Desinfektionsmittelspender bedient und seine Hände mit dem Mittel einreibt. Um 12.50 Uhr sind dann wieder Schüsse zu hören, als die Einsatzkräfte den Angreifer erschiessen. Seit dem Eintreffen der ersten Polizisten sind 74 Minuten vergangen.
Eigenes Leben über jenes der Kinder gestellt
Die Sicherheitskräfte sind wegen ihres Vorgehens bei dem Schulmassaker, bei dem 19 Kinder und zwei Lehrerinnen erschossen wurden, bereits massiv in die Kritik geraten. Rund ein Monat nach dem Blutbad warf der Chef der texanischen Sicherheitsbehörden, Steven McCraw, den Polizisten vor Ort «klägliches Versagen» vor.
Der Einsatzleiter habe das Leben der Beamten über das Leben der Kinder gestellt. US-Polizisten werden eigentlich darin ausgebildet, bei Schulmassakern den Angreifer so schnell wie möglich auszuschalten, um weitere Opfer zu verhindern.
Im Gang gewartet, während Kinder «geschlachtet» wurden
Die nun veröffentlichten Videoaufnahmen sorgen für neue Empörung. Die Gründerin der für ein strikteres Waffenrecht eintretenden Organisation Moms Demand Action, Shannon Watts, schrieb auf Twitter, Polizisten mit kugelsicheren Westen hätten in einem Schulflur gewartet, während Kinder und Lehrkräfte «geschlachtet» worden seien.
Der Bürgermeister von Uvalde, Don McLaughlin, kritisierte dagegen die Medien für die Veröffentlichung der Aufnahmen. Das Video hätte zunächst den Familien in einer bearbeiteten Version gezeigt werden sollen. «Sie müssen das nicht noch einmal durchleben, sie haben genug durchgemacht.» Geplant war eine Version, auf der weder der Schütze zu sehen noch die Schüsse zu hören sind. (SDA)