«Er schoss auf meinen Freund, der neben mir war»
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Miah Cerrillo (11) aus Uvalde:«Er schoss auf meinen Freund, der neben mir war»

Mädchen schildert den Horror von Schulmassaker in Uvalde
«Er sagte zu meiner Lehrerin ‹Gute Nacht› und schoss ihr in den Kopf»

Vor dem US-Kongress hat eine Überlebende des Schulmassakers im texanischen Uvalde eindringlich ihre Erlebnisse geschildert. Die Elfjährige musste mitansehen, wie ihre Lehrerin vor ihren Augen erschossen wurde.
Publiziert: 09.06.2022 um 10:09 Uhr
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Aktualisiert: 09.06.2022 um 15:33 Uhr
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Miah Cerrillo überlebte das Schulmassaker von Uvalde in den USA.
Foto: Zvg

Bei einer bewegenden Anhörung im US-Kongress hat eine Schülerin von ihren traumatischen Erlebnissen bei dem Massaker an ihrer Grundschule in Texas berichtet. Bei der Sitzung am Mittwoch erzählte Miah Cerrillo (11) in einem zuvor aufgezeichneten Video, wie der Schütze ihre Lehrerin und mehrere Mitschüler vor ihren Augen erschoss.

Salvador R.* (†18) hatte vor zwei Wochen an einer Grundschule in der texanischen Kleinstadt Uvalde 19 Kinder und zwei Lehrerinnen erschossen. Der Angreifer verschanzte sich mit den Schülern und Lehrerinnen in zwei miteinander verbundenen Klassenräumen und richtete dort das Blutbad an.

Der 18-Jährige «sagte ‹Gute Nacht› zu meiner Lehrerin und schoss ihr in den Kopf», so die Elfjährige. «Dann hat er auf einige meiner Mitschüler und auf die Tafel geschossen.»

Er habe auf ihren Freund geschossen, der direkt neben ihr stand. Da sie dachte, der Schütze käme wieder in den Raum, «nahm ich etwas Blut und schmierte es überall hin», sagte das Mädchen weiter. «Ich war ganz still, dann schnappte ich mir das Handy meiner Lehrerin und rief die Polizei an.» In der Schule fühle sie sich nicht mehr sicher, betonte die Elfjährige.

Auch mehrere Eltern von Opfern des Amoklaufs im texanischen Uvalde und in Buffalo im Bundesstaat New York berichteten teils unter Tränen von ihren Erfahrungen und flehten die Kongressabgeordneten an, etwas gegen die beispiellose Waffengewalt im Land zu unternehmen.

Vater bricht bei Anhörung in Tränen aus

Miah überlebte die Attacke. Mehr als 75 Minuten lang musste das Mädchen um sein Leben bangen – so viel Zeit verging an jenem Tag zwischen dem Moment, in dem der Schütze das Feuer eröffnete, und jenem Moment, in dem die Polizei in den Raum eindrang und den Angreifer tötete. Schwere Versäumnisse der Polizei bei dem Einsatz haben Empörung und Wut ausgelöst und werden derzeit noch untersucht. Miah und andere hatten aus dem Inneren des Raumes diverse Notrufe bei der Polizei abgesetzt, ohne dass ihnen geholfen wurde.

Ihr Vater Miguel Cerrillo sagte bei der Anhörung im Repräsentantenhaus unter Tränen, er habe sein Kind fast verloren. «Sie ist nicht mehr die Gleiche.» Er flehte die Kongressabgeordneten an, gegen die verheerende Waffengewalt im Land vorzugehen: «Es muss sich wirklich etwas ändern.»

Miah Cerrillo hat Alpträume, wie ihr Vater «USA Today» sagte. Ihre Wunden durch Kugelsplitter am Rücken würden heilen, aber sie leide unter einem starken Trauma.

«Ich kann mir ihren Schmerz nicht einmal vorstellen»

Auch die Eltern eines kleinen Mädchens, das bei dem Schulmassaker getötet wurde, sagten per Video bei der Kongressanhörung aus. Die Mutter, Kimberly Rubio, berichtete unter Tränen, wie sie ihre Tochter Lexi an jenem Tag zum letzten Mal gesehen und an der Schule zurückgelassen habe. «Diese Entscheidung wird mich mein Leben lang verfolgen.»

Sie forderte verzweifelt nach einer Verschärfung des Waffenrechts. «Wir verstehen, dass aus irgendeinem Grund für manche Leute, für Leute mit Geld, für Leute, die politische Kampagnen finanzieren, Waffen wichtiger sind als Kinder», beklagte sie, betonte aber: «Irgendwo da draussen gibt es eine Mutter, die sich unsere Aussage anhört und denkt: ‹Ich kann mir ihren Schmerz nicht einmal vorstellen› - nicht wissend, dass unsere Realität eines Tages die ihre sein wird, wenn wir nicht jetzt handeln.»

«Amerika ist von Natur aus gewalttätig»

Die Attacke von Uvalde hat die Debatte über eine Verschärfung der vielerorts laxen Waffengesetze in den USA einmal mehr angefacht. Viele Republikaner sperren sich seit Jahren gegen strengere Gesetze. Daher kommen keine nötigen Mehrheiten für echte Reformen zustande.

Wenige Tage vor der Attacke in Uvalde hatte ein Schütze in der Stadt Buffalo in einem Supermarkt das Feuer eröffnet, zehn Menschen erschossen und drei weitere verletzt. Den Ermittlern zufolge war die Tat rassistisch motiviert – 11 der 13 Opfer waren schwarz.

Die Mutter eines der Verletzten von Buffalo, Zeneta Everhart, berichtete, ihr 21 Jahre alter Sohn habe «ein Loch in der rechten Seite seines Halses, in seinem Rücken und ein weiteres in seinem linken Bein» – alle verursacht durch ein explodierendes Geschoss aus dem Sturmgewehr des Schützen. Immer wenn sie Wunden ihres Sohnes versorge, könne sie Teile des Geschosses in seinem Rücken spüren. Die Splitter blieben für den Rest seines Lebens in seinem Körper. An die Kongressabgeordneten gewandt sagte sie: «Jetzt möchte ich, dass Sie sich genau dieses Szenario für eines Ihrer Kinder vorstellen.»

Everhart zeichnete ein düsteres Bild ihrer Heimat. «Amerika ist von Natur aus gewalttätig», sagte die Schwarze. «Die blosse Existenz dieses Landes wurde auf Gewalt, Hass und Rassismus gegründet.» Doch sie höre nach jedem Amoklauf, dies sei nicht das, wofür dieses Land stehe. «Hört mir gut zu: Das ist genau das, was wir sind.» (SDA/jmh)

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