Sie sprang über den Zaun während die Polizei wartete
Mutter rettete ihre Kinder vor dem Amokläufer

19 Kinder und zwei Lehrerinnen verloren beim Amoklauf im texanischen Uvalde ihr Leben. 90 Minuten verstrichen, bis die Polizei das Gebäude stürmte. Zu lange für besorgte Eltern. Eine Mutter kämpfte sich deshalb an den Beamten vorbei und rettete ihre Kinder eigenständig.
Publiziert: 29.05.2022 um 15:18 Uhr
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Der Amoklauf vom letzten Dienstag in der texanischen Stadt Uvalde erschütterte die Welt.
Foto: AFP

Es sind happige Vorwürfe an die Polizei der texanischen Stadt Uvalde. Letzten Dienstag marschierte Salvador R.* (†18) dort in eine Grundschule und erschoss wahllos Menschen. 19 Kinder und zwei Lehrerinnen verloren beim Amoklauf ihr Leben.

Trotz mehrerer Notrufe verstrichen 90 Minuten, bis die Polizei das Gebäude stürmte und den Amokläufer erschoss. Die Rede war von einer Fehleinschätzung – eine Fehleinschätzung, die unzählige Menschenleben forderte. Hätten die Beamten durch schnelleres Eingreifen Schlimmeres verhindern können?

Wie sehr die Einsatzkräfte gezögert haben, unterstreicht die Geschichte einer Mutter, die noch vor der Polizei die Initiative ergriff. Während die Beamten tatenlos herumstanden, kletterte sie über den Schulzaun, um ihre beiden Kinder zu retten. Das berichtet das «Wall Street Journal».

Polizei bekämpfte besorgten Vater mit Pfefferspray

Sobald Mutter Angeli G.* vom Amoklauf gehört hatte, stieg sie in ihr Auto und fuhr an die Schule. Mit Schrecken stellte sie fest, dass bisher keiner der Einsatzkräfte, die das Gebäude umstellt hatten, die Schule betreten hatte. «Sie standen bloss vor dem Zaun herum», sagte die Mutter gegenüber der Zeitung. «Die gingen weder rein, noch rannten sie irgendwo hin», so G. weiter.

Mit ihrer Wut war sie nicht alleine. Während des Amoklaufs formierten sich vor der Schule immer mehr aufgebrachte Eltern, welche die Polizei anflehten, den Todesschützen aufzuhalten. Statt das Gebäude zu stürmen, gingen die Einsatzkräfte jedoch gegen die Eltern vor. G. zufolge attackierte ein Beamter einen Vater gar mit einem Pfefferspray, um ihn ruhig zu stellen. Ein anderer wurde von der Polizei gepackt und zu Boden geworfen.

Auch G. selber blieb nicht verschont: Nachdem sie die Beamten zuerst höflich und dann mit Nachdruck aufgefordert hatte, etwas zu unternehmen, wurden ihr Handschellen angelegt. Sie würde in eine laufende Untersuchung eingreifen, hiess es.

Nur dank eines Polizeibeamten, den sie kannte, wurde sie wieder von den Handschellen befreit. Und dann verlor G. keine Sekunde. Kaum war sie die Handschellen los, floh sie aus der Menge, kletterte über den Zaun und stürmte ins Schulhaus, um ihre Kinder zu retten.

Mädchen beschmierte sich mit Blut, um nicht getötet zu werden

Sogar Kindern ist es ein Rätsel, weshalb nicht früher eingegriffen wurde. So auch für Miah C.* (11). Sie befand sich in einem Klassenzimmer, als Salvador R.* wild um sich schoss. «Warum sind sie nicht reingekommen, warum haben sie uns nicht gerettet?», fragte Miah später eine CNN-Reporterin.

Um dem Amokläufer nicht zum Opfer zu fallen, beschmierte sich das Mädchen mit dem Blut eines bereits getöteten Mitschülers, damit man sie für tot hielt. Dann rief sie mit dem Handy einer getöteten Lehrerin den Notruf an. «Bitte kommt, bitte kommt», flehte sie. Einige Minuten später trafen die Beamten endlich am Tatort ein – über ein Dutzend Menschen waren zu diesem Zeitpunkt dem Amokläufer bereits zum Opfer gefallen.

Wie viele Kinder hätten gerettet werden können, wenn die Polizei schneller gehandelt hätte, ist unklar. Fest steht aber, dass die Beamten schon jetzt für ihr zögerliches Handeln in Erklärungsnot geraten. (dzc)

* Namen der Redaktion bekannt

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