Für die russischen Truppen geht es in der Ukraine kaum noch vorwärts. Zehntausende der Soldaten von Präsident Wladimir Putin (70) haben in den vergangenen Monaten in zermürbenden Schlachten ihr Leben verloren. Nun bereitet die Ukraine den grossen Gegenschlag vor – Russland droht ein Debakel.
Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin (61) warnte vor einigen Tagen bereits vor einer «Tragödie» für Russland, sollte die Ukraine mit voller Wucht angreifen. Prigoschin sagte in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit dem russischen Militärblogger Semjon Pegow, er rechne Mitte Mai mit dem Beginn der ukrainischen Gegenoffensive. «Diese Gegenoffensive könnte zu einer Tragödie für unser Land werden», fügte er hinzu.
Das hat offenbar auch der Kreml erkannt. Wie das regierungskritische Portal Meduza berichtet, verteilen Putins Leute Dokumente mit genauen Anweisungen für die Staatsmedien. Darin wird genau erklärt, wie im Falle einer ukrainischen Offensive zu berichten sei.
Vorbereitung auf ukrainische Erfolge
Demnach sollen die staatlichen russischen Medien die Gefahr einer ukrainischen Offensive nicht herunterspielen. Ausserdem solle nicht behauptet werden, dass die Ukraine nicht bereit sei für eine Gegenoffensive. «Die Möglichkeit einer ukrainischen Gegenoffensive sollte durchaus als gegeben betrachtet werden», heisst es laut Meduza in dem Dokument.
Diese Haltung überrascht, schwieg der Kreml Erfolge der Gegenseite in den vergangenen Monaten zumeist tot. Der plötzliche Umschwung soll laut dem Onlineportal einen verzweifelten Hintergrund haben: Sollte die Gegenoffensive der Ukraine scheitern, könnte der Kreml dies nutzen, um einen militärischen Erfolg zu verkünden. Die Chance dafür sei aber «verschwindend gering», berichten Kreml-Insider gegenüber Meduza.
Viel eher scheint Putin seine Landsleute auf ukrainische Erfolge vorzubereiten. Der Kreml wolle versuchen, durch Informationshäppchen eine anhaltende Demoralisierung seiner Landsleute abzuschwächen und stattdessen seine Leute auf einen Kampf einzuschwören.
Demoralisierung verhindern
Laut einer Analyse der US-Denkfabrik «Institute for the Study of War» (ISW) hat der Kreml in der Vergangenheit ukrainische Erfolge stets heruntergespielt. Die ukrainischen Gegenoffensiven in Cherson und Charkiw beispielsweise seien in den staatlichen russischen Medien kaum erwähnt worden.
An der Front sorgte dieses Totschweigen für eine extreme Demoralisierung der russischen Truppen. Das wolle der Kreml mit seiner neuen Strategie nun verhindern. (zis)