In Afghanistan haben die regierenden islamistischen Taliban Autofahrer angewiesen, im Fahrzeug keine Musik abzuspielen. Ausserdem ordneten sie Beschränkungen für die Mitnahme von Frauen als Passagierinnen an. Frauen ohne islamischen Hidschab sollten nicht mitgenommen werden, wie es in einem Schreiben des Ministeriums zur Erhaltung der Tugend und Unterdrückung des Lasters hiess, das an Autofahrer verteilt wurde. Der Sprecher des Ministeriums, Mohammed Sadik Asif, bestätigte am Sonntag die Direktive.
Wie genau der Hidschab aussehen soll, geht aus der Anordnung nicht hervor. Die Taliban verstehen darunter in der Regel nicht die Bedeckung von Haaren und Hals, sondern einen Umhang von Kopf bis Fuss.
Pausen zum Beten
In der Direktive wurden Fahrer ausserdem angehalten, keine Frauen mitzunehmen, die ohne männliche Begleitperson weiter als 45 Meilen (etwa 72 Kilometer) reisen wollten. In dem Schreiben, das auch in sozialen Medien kreiste, wurden Autofahrer unter anderem dazu angewiesen, Pausen zum Gebet einzulegen. Sie sollten Menschen dazu raten, sich Bärte wachsen zu lassen, hiess es weiter.
Auf der andern Seite haben die Taliban die Unabhängige Wahlkommission (IEC) und die Kommission für Wahlbeschwerden aufgelöst. Es gebe keinen Bedarf für diese Gremien, sagte der Sprecher der Taliban-Regierung, Bilal Karimi, am Samstag in Kabul. Nach seinen Angaben wurden kürzlich ausserdem die Ministerien für Frieden und für Parlamentsangelegenheiten abgeschafft.
Von Demokratie keine Spur
Die 2006 ins Leben gerufene Wahlkommission hatte den Auftrag, Präsidentschaftswahlen und andere Wahlen in Afghanistan zu organisieren und zu überwachen. Der frühere afghanische Regierungsvertreter Halim Fidai verurteilte die Auflösung der Kommission. Die Entscheidung zeige, dass die Taliban «nicht an die Demokratie glauben». Der ehemalige Gouverneur warf den Radikal-Islamisten vor, sich ihre Macht «durch Kugeln und nicht durch Wahlen» zu sichern.
Die Islamisten haben seit der Rückkehr an die Macht Mitte August die Rechte von Frauen merklich beschnitten. Sie können in vielen Fällen nicht mehr zurück an ihre Arbeitsplätze. Die meisten weiterführenden Schulen für Mädchen sind geschlossen. Strassenproteste von Aktivistinnen wurden gewaltsam unterdrückt. Viele flohen aus dem Land.
Inzwischen wächst der Widerstand. Bereits seien sechs Provinzen wieder in der Hand der vertriebenen Afghanen. (SDA)