Neue Strategie
Russen foltern Ukrainer – und missbrauchen sein Insta-Profil

Im Kampf um die Ukraine setzt Russland auf eine neue Strategie. Die Soldaten übernehmen Social-Media-Profile von gefangenen Ukrainern, um Propaganda zu verbreiten.
Publiziert: 17.08.2022 um 17:01 Uhr
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Igor K. ist ukrainischer Patriot. Nach seiner Entführung tauchen plötzlich pro-russische Posts in seinen sozialen Medien auf.
Foto: CNN

Mit brutalen Methoden versuchen die russischen Soldaten in der Ukraine, ukrainische Armeeangehörige zu brechen. Dazu gehört Folter oder anderweitige Misshandlung. Immer mehr setzen die Russen aber auch auf die sozialen Medien wie Instagram. Unter anderem missbrauchen sie dafür auch die Konten von gefangenen ukrainischen Armeeangehörigen.

Ein Opfer ist Igor K.* (55). Der Mann aus der südukrainischen Stadt Cherson trat einen Tag nach Kriegsbeginn freiwillig der ukrainischen Armee bei. Kurze Zeit später eroberten die Russen Cherson. Mehrere Wochen später entführten die russischen Soldaten K., berichtet CNN.

K. rief zur Kampfaufgabe auf

Kurze Zeit später seien auf K.s Social-Media-Profilen Kriegsposts aufgetaucht. Diese seien «völlig untypisch für den Mann» gewesen, der als stolzer Ukrainer bekannt gewesen sei.

Zuerst seien noch alte Fotos von K. auf den sozialen Medien geposted worden. Kurze Zeit später tauchten dann aber Videos auf, in denen der ukrainische Mann mit zwei maskierten Männern in einem Raum stand. Er rief dazu auf, Proteste in Cherson zu unterlassen und teilte mit, die ukrainische Territorialverteidigung habe sich aufgelöst – eine Lüge, die Russland in den vergangenen Monaten immer wieder zu nutzen versuchte, um den Widerstand innerhalb der ukrainischen Bevölkerung zu brechen.

«Weiterer Widerstand ist zwecklos», sagte K. in dem Video. «Ich schlage vor, dass alle Kämpfer der Territorialverteidigung ihre Waffen abgeben.»

Die Entführer missbrauchten nicht nur die bestehenden Social-Media-Accounts, sondern richteten auch neue in seinem Namen ein. «Sie registrierten ihn auf Tiktok. Mein Vater weiss nicht einmal, was Tiktok ist», erzählt seine Tochter Karyna (23) bei CNN. «Sie wollten eine Marionette aus ihm machen.»

Brutale Forderungen

Fast einen Monat lang befindet sich K. in russischer Haft. «Sie haben meine Fotos benutzt, um ihr Spiel zu spielen. Sie haben meine Social-Media-Accounts missbraucht und haben Bilder geteilt, die mich von einem Patrioten zu einem Verräter werden lassen sollten.»

Nebst dem Missbrauch seiner Konten in den sozialen Medien wird der Mann aus Cherson auch brutal gefoltert. Die russischen Soldaten hätten ihm mit einer Zange seine Finger verdreht und mit einem Knüpel blutig geschlagen, erzählt er. «Immer wieder boten sie mir an, mit ihnen zu kooperieren. Sie meinten, ich sei ein bekannter Mann in Cherson und dass sie mich zum Bürgermeister machen wollten.»

Schlussendlich rettet Russlands Propaganda aber auch das Leben von K. Bei einem Beitrag des russischen Staatsfernsehens über die angeblich guten Bedingungen der Kriegsgefangenen taucht K. kurz im Hintergrund auf. Einer seiner Verwandten erkennt ihn und schickt einen Screenshot an seine Tochter. Daraufhin reichen sie das Material bei der ukrainischen Hotline für Kriegsgefangene ein.

Einige Tage später klingelt bei der Familie von K. das Telefon. Die stellvertretende Premierministerin der Ukraine, Iryna Wereschtschuk (42), meldet sich. «Sie haben uns mitgeteilt, dass mein Vater freigelassen wird. Ich war noch nie so glücklich», erzählt seine Tochter.

K. kehrt nach Hause zurück. Und loggt sich anschliessend in den sozialen Medien ein. Die fraglichen Posts der russichen Armee sind in der Zwischenzeit gelöscht. Von seinen Freunden fiel indes keiner auf den Trick rein, sagt K.: «Sie haben sofort gemerkt, dass ich nicht selbst solche Sachen poste.»

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