Neue Regierung in Deutschland steht noch nicht ganz
Knatsch ums Gesundheitsministerium, Zoff unter Grünen

Noch steht die Regierung in Deutschland nicht ganz. Einige Posten sind vergeben. Aber insbesondere die Frage, wer der nächste Gesundheitsminister wird, ist offen. Eigentlich wäre Karl Lauterbach als Arzt und Epidemiologe bestens geeignet. Doch seine Chancen sind gering.
Publiziert: 26.11.2021 um 11:22 Uhr
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Aktualisiert: 26.11.2021 um 12:07 Uhr
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Wäre bestens geeignet für den Posten als Gesundheitsminister: Der Epidemiologe Karl Lauterbach.
Foto: imago images/Political-Moments

Die Corona-Zahlen steigen und steigen. Die Situation in Deutschland spitzt sich weiter zu. Und noch immer ist nicht klar, wer der nächste Gesundheitsminister wird. Die Frage, wer der Nachfolger von Jens Spahn (41) wird, ist bislang ungeklärt. Niemand will diese Aufgabe offenbar übernehmen. Keine der Parteien hatte sich bei den Koalitionsverhandlungen dafür eingesetzt, wie der «Spiegel» berichtet. Doch gerade jetzt mitten in der Corona-Krise mit steigenden Zahlen ist das Amt wichtiger denn je. Immerhin: Inzwischen ist bekannt, dass die SPD den Minister stellen wird.

Eine naheliegende Besetzung wäre der Gesundheitsexperte Karl Lauterbach (58), der seit Beginn der Corona-Pandemie eine Medienpräsenz hat wie kaum ein anderer Politiker. Fachlich wäre er als Epidemiologe bestens geeignet. Für ihn gibt es im Internet eine Kampagne unter dem Hashtag #wirwollenkarl, allerdings ist er in seiner Fraktion umstritten. Hinzu kommt: Beim designierten Kanzler Olaf Scholz (63) ist er nicht besonders beliebt.

SPD muss Wahlkampf-Versprechen einhalten

Ein weiteres Problem: sein Geschlecht. «Als Karla Lauterbach hätte er bessere Chancen», sagt ein SPD-Insider zu «Bild». Die Sozialdemokraten haben ein Wahlkampf-Versprechen ihres Kanzlerkandidaten Olaf Scholz einzulösen. Seine Ministerriege soll paritätisch aufgestellt sein, also aus mindestens gleich vielen Frauen wie Männern bestehen.

Keine leichte Aufgabe. Grüne und FDP haben zusammen vier Frauen und sechs Männer nominiert – die SPD muss also ausgleichen. Als heisse Kandidatin wird zurzeit Sabine Dittmar (57) gehandelt. Die Ärztin ist zurzeit gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Auch die sächsische Gesundheitsministerin Petra Köpping (63) ist wohl im Gespräch.

Posten vom Arbeitsminister und Innenministerin sind geklärt

Dafür stehen folgende SPD-Posten fest. Es gilt als sicher, dass Scholz' enger Vertrauter Wolfgang Schmidt (51, SPD) die Aufgabe des Kanzleramtschefs übernimmt. Dieser Posten wird in einer Ampelkoalition noch wichtiger sein als bisher. Denn der Kanzleramtschef koordiniert die Regierungsarbeit, und das dürfte bei drei Partnern komplizierter werden. Zuletzt war der Jurist Finanz-Staatssekretär, agierte hinter den Kulissen aber als Strippenzieher.

Arbeitsminister wird Hubertus Heil (49). Er galt bereits in der vergangenen Wahlperiode als durchsetzungsstark und fleissig – und zwar bei Themen wie Rente, Arbeitsmarkt und Hartz IV, die für seine SPD besonders wichtig sind. Die bisherige Justizministerin Christine Lambrecht (56) soll Innenministerin werden. Innen und Justiz gelten als «Spiegelministerien» mit zahlreichen Überschneidungen. Fachlich wäre sie also schon eingearbeitet.

Minister-Posten war versprochen

Gleichzeitig gab es unter den Grünen mächtig Knatsch. Der Grund: der Kampf um das Ministerium Ernährung und Landwirtschaft. Der Posten war dem früheren Grünen-Chef Cem Özdemir (55) versprochen worden. Allerdings wehrten sich dagegen einige Grüne. Sie wollten Fraktionschef Anton Hofreiter (51). Dass Hofreiter ins Kabinett einziehen würde, galt lange als sicher. Doch das stand plötzlich infrage. Es kam zum Streit um die Macht. Nach langem Gerangel ist nun klar: Özdemir wird neuer Landwirtschaftsminister.

Der 55-Jährige war bis 2018 Bundesvorsitzender und bei der Bundestagswahl 2017 mit Katrin Göring-Eckardt (55) grüner Spitzenkandidat. Bei der Wahl 2021 war er mit 40 Prozent in seinem Stuttgarter Wahlkreis bundesweit grüner Erststimmenkönig. Unterstützer hatten argumentiert, an dem eloquenten Politiker komme man auch deshalb nicht vorbei, weil er einer der wenigen Spitzen-Grünen aus einer Familie mit ausländischen Wurzeln ist. (jmh/AFP)


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