Die Nominierung der Grünen-Minister in der künftigen Ampel-Regierung verzögert sich. Die Namen wurden zunächst noch nicht wie ursprünglich erwartet auf dem Bund-Länder-Forum genannt, das am Donnerstag in Berlin begann.
Wegen anhaltender Personaldiskussionen verzögert sich die Urabstimmung der Grünen über Koalitionsvertrag und Regierungsmannschaft der Partei um einen Tag. «Ein bisschen müsst ihr noch warten», sagte Grünen-Chef Robert Habeck am Donnerstag in Berlin beim sogenannten Bund-Länder-Forum. Bei der Veranstaltung wollten Parteiführung und Unterhändler für den mit SPD und FDP ausgehandelten Koalitionsvertrag werben, über den nun die 125'000 Parteimitglieder abstimmen sollen. Anders als geplant sollen sie das nicht schon am Donnerstag, sondern erst am Freitag tun.
Sie liegen sich in den Haaren
Die Veranstaltung im Berliner Westhafen, wo am Tag zuvor die Ampel-Parteien ihren Koalitionsvertrag vorgestellt hatten, sollte eigentlich den Startschuss geben für die zehntägige Urabstimmung. Doch das Personaltableau vor allem zur Besetzung grüner Kabinettsposten war nicht rechtzeitig fertig. Wegen Personalquerelen sollte es erst am Donnerstagabend nach der Veranstaltung festgezurrt werden.
Zu hören ist, dass linker Flügel und Realos, unter den Parteichefs Habeck und Annalena Baerbock bisher weitgehend in Einigkeit verbunden, in den Haaren liegen. Denn die so heiss ersehnte Rolle als Regierungspartei bringt ein Problem, vor dem die Grünen viele Jahre gar nicht standen: Die Aufteilung eines überschaubaren Kuchens an Regierungsämtern.
Das Auswärtige Amt sollen die Grünen besetzen, das neue Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, das Familienministerium, das Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz sowie das Agrarressort. Dazu dürfen sie noch den Staatsminister für Kultur und Medien stellen. Nun verstolpern die gern so staatstragend auftretenden Grünen den Start in die neue Rolle als Regierungspartei.
Hofreiter gegen Özdemir
Der linke Flügel wehrt sich gegen die geplante Besetzung eines Ministeramts mit dem Realo Cem Özdemir, die am Ende den linken Fraktionschef Anton Hofreiter das erhoffte Ministeramt kosten könnte. Dass Hofreiter ins Kabinett einziehen würde, galt lange als sicher. Doch nun steht das infrage.
Die Grünen müssen traditionell mindestens zwei mehr oder weniger verbindliche Quoten miteinander vereinbaren: Die Ausgewogenheit beider Flügel und die gleiche Repräsentanz von Frauen und Männern. Deshalb ist schwer vorstellbar, dass Hofreiter und Özdemir beide ins Kabinett ziehen. Dann wären von fünf Ministerposten mindestens drei mit Männern besetzt - schwer vorstellbar in einer Partei, bei der die Vorfahrt für Frauen so tief in den Statuten verankert ist. Baerbock und Habeck sind beide Realos. Es bräuchte also mutmasslich linke Frauen.
Corona-Pandemie habe das Land im Griff
Hofreiter selbst liess sich am Donnerstag bei seinem Redebeitrag nichts anmerken. Er machte sich gewohnt leidenschaftlich für ehrgeizigeren Umwelt- und Klimaschutz stark – vielleicht klang bei diesem Fokus auf das Lebensthema des studierten Biologen aus Bayern ein wenig trotzige Entschlossenheit mit. Hofreiter warnte vor dem Artensterben als «zweiter grosser ökologischer Krise». «Manche meinen, da geht es nur um ein paar Kaulquappen, um ein paar Schmetterlinge. Nein, da geht es um die Grundlagen unseres eigenen Lebens», betonte Hofreiter. Das gelte es mit der gleichen Entschlossenheit anzugehen wie die Klimakrise. Der Koalitionsvertrag lege die Grundlagen dafür.
Habeck sagte in seiner Rede zur Stimmung zum Ende der Ampel-Koalitionsverhandlungen: «Euphorie, Glück, Begeisterung, das habe ich nirgendwo festgestellt.» Die Corona-Pandemie habe das Land im Griff, die Lage sei dramatisch. «Wir starten möglicherweise diese Regierung in der schwersten Gesundheitskrise, die Deutschland je hatte.» (SDA)