Deutschland macht den Neustart. Nach dem Rücktritt der bürgerlichen Kanzlerin Angela Merkel (67) wird Anfang Dezember der Sozialdemokrat Olaf Scholz (63) das Ruder übernehmen. Ihm zur Seite als Aussenministerin und somit zuständig für die Schweiz: die Grüne Annalena Baerbock (40).
In der Beziehung zwischen den beiden Ländern dürfte sich mit dieser Neu-Besetzung vor allem etwas ändern: Der grüne Druck auf die Schweiz wird steigen. «Waren die Aussenpolitik und die multilaterale Zusammenarbeit unter Angela Merkel oft noch ‹Chefinnensache›, werden die Aussenbeziehungen unter der neuen Aussenministerin wohl stärker von der Klimapolitik geprägt sein. Dies wird sich auch in den Beziehungen zur Schweiz abzeichnen», sagt Daniel Höhmann (32), Politologe an der Uni Basel, zu Blick.
Laut Koalitionsvertrag soll ein «internationaler Klimaclub» gegründet werden, um einen gemeinsamen CO2-Mindestpreis und einen gemeinsamen CO2-Grenzausgleich anzustreben. Höhmann: «Der Druck auf die Schweiz wird steigen, sich dieser internationalen Zusammenarbeit zur Erreichung der Klimaziele anzuschliessen und auch in der Schweiz verstärkte Massnahmen zu ergreifen, um den Klimawandel zu stoppen.»
Gegenpole in der Aussenpolitik
Auch bei den Beziehungen der Schweiz zur EU wird die deutsche Regierung weiterhin eine konsequente Rolle spielen. «Sowohl Olaf Scholz als auch Annalena Baerbock sind überzeugte Unterstützer der Europäischen Union. Dies dürfte ihre Politik gegenüber der Schweiz prägen, wo sie voraussichtlich grundsätzlich die Linie der EU-Kommission unterstützen werden», erklärt Stefanie Walter (44), Politologin an der Uni Zürich, auf Anfrage.
Annalena Baerbocks Ansprechpartner in der Schweiz wird Aussenminister Ignazio Cassis (60) sein. Eine Grüne gegen einen bürgerlichen FDPler: Sind da konstruktive Gespräche von vornherein zum Scheitern verurteilt? Dazu sagt Stefanie Walter: «Von ihrer weltanschaulichen Ausrichtung und ihrem Hintergrund – Arzt versus Völkerrechtlerin – sind die beiden zwar eher unterschiedlich, aber das muss nicht automatisch bedeuten, dass sie nicht miteinander harmonieren können.»
Schweiz ist ein unwichtiges Thema
Beide Politologen sind aber auch überzeugt, dass die deutsche Regierung traditionell an einer guten Zusammenarbeit mit der Schweiz interessiert sei.
Allerdings steht in Berlin die Schweiz auf der Traktandenliste weit unten. Die neue Regierung muss sich um ganz andere Probleme wie Corona, Digitalisierung und Neuaufbau des Staates kümmern. Im 177 Seiten dicken Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP ist die Schweiz mit keinem Wort erwähnt.