Auf einen Blick
- Ingenieure arbeiteten im Homeoffice während der Pandemie
- Es gab massive Kritik an der Onshape-Software im Jahr 2020
- Familie eines Opfers fordert 42 Millionen Franken Schadenersatz
Es ist das Jahr 2020, die Covidpandemie ist gerade in vollem Gange. Bei Onshape, einem US-Anbieter für Open-Source-Software, herrscht dennoch gute Stimmung. Das Unternehmen hat gerade einen guten Deal an Land gezogen. Es soll ein Tauchboot für die Firma Ocean Gate mithilfe der Software ertüchtigen. Zu diesem Zeitpunkt wusste noch niemand, dass die «Titan» drei Jahre später für weltweite Schlagzeilen sorgen würde.
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Bis heute dauern die Ermittlungen der Küstenwache zu dem tragischen Unglück, bei dem alle fünf Insassen starben, an. Tragen die sieben ins Homeoffice verbannten Ingenieure eine Mitschuld an der Katastrophe? Diese Frage wirft nun ein Bericht von «Business Insider» auf.
Ingenieure arbeiteten im Homeoffice
«Ferngesteuertes Konstruieren am Computer: Du wirst nicht glauben, was Du damit alles machen kannst!», feierte Onshape sich und seine Software in einem Artikel vom 22. April 2020 auf der eigenen Website selbst. Kurz nach dem Unglück war der Artikel plötzlich von der Firmenwebseite verschwunden. Dass es sich dabei um einen Zufall handelt, erscheint unwahrscheinlich.
Laut «Business Insider» mehrten sich ausgerechnet im Jahr 2020 die Klagen der Nutzer über die funktionalen Mängel der Software. Sie sei zwar «zu empfehlen für schnelle Entwicklungsarbeiten», aber «nicht für ein High-End-Ingenieurbüro», nennt das Nachrichtenportal einen der Kritikpunkte.
Allerdings war es zu diesem Zeitpunkt die einzige Software, mit der die Ingenieure überhaupt im Homeoffice arbeiten konnten. Ein vergleichbares Produkt gab es damals schlicht nicht. Der Einsatz von Onshape-Software war also der Pandemie geschuldet.
Damit nicht genug, so sollen die Ingenieure massivem Zeitdruck ausgesetzt gewesen sein. Und auch hinter dem Chefingenieur steht ein Fragezeichen, was dessen Eignung für das Projekt betrifft.
Fragezeichen hinter Chefingenieur
Der damalige «Director of Engineering and Operations» soll noch nie in seinem Leben ein bemanntes Unterwasserfahrzeug konstruiert haben. Stattdessen befasste er sich im Laufe seiner Karriere vor allem mit einer bestimmten Kategorie von Unterwasserrobotern, den sogenannten ROV (auf Deutsch: ferngesteuerter Tauchroboter).
Die unbemannten ROV unterscheiden sich fundamental von Tauchbooten. Sie sind klein, wendig und für bestimmte Arbeiten konstruiert. Darüber hinaus muss ihr Überleben nicht zwangsläufig gewährleistet werden.
Alle Beteiligten schweigen zu dem Thema. Die Familie eines Opfers hat mittlerweile vor einem US-Gericht Klage gegen Ocean Gate eingereicht und verlangt umgerechnet rund 42 Millionen Franken Schadenersatz. Ob die Software in der Anklage eine Rolle spielt, ist unklar.