Das Gerücht hielt sich hartnäckig: Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un (36) soll todkrank sein. Dies behauptete der südkoreanischer Oppositionspolitiker Chang Song Min (56) vor wenigen Wochen. Auch nachdem kürzlich Fotos vom quietschfidelen Machthaber aufgetaucht sind, brodelt die Gerüchteküche weiter. Jetzt veröffentlicht die nordkoreanische Nachrichtenagentur erneut Fotos von Kim Jong Un.
Die Bilder zeigen ihn beim Gang durch die Trümmer der zertrümmerten Provinz Süd-Hamgyong. In der Küstenregion wütete vor einigen Tagen ein Taifun. In einem weissen Hemd, beigen Schlabberhosen und einer Militärmütze begutachtet er das Ausmass des Schadens.
Hat Kim einen Doppelgänger?
Ob dadurch die Gerüchte ein für allemal verstummen, ist fraglich. Schon im Frühjahr wurde der Verdacht laut, der Machthaber sei schwer erkrankt, nachdem lange keine Fotos von ihm aufgetaucht sind. Es folgten Bilder der nordkoreanischen Nachrichtenagentur, die ihn auf einem Eröffnungsfest zeigen. Doch die Internetgemeinde misstraute den Beweisfotos. Es entstand das Gerücht, Kim Jong Un habe einen Doppelgänger.
Die chinesische Menschenrechtsaktivistin Jennifer Zeng (53) etwa sagt, dass es klare Unterschiede zum früheren Kim und dem Kim gebe, der im Frühjahr auf den Fotos der nordkoreanischen Nachrichtenagentur gezeigt wird. Sie ist überzeugt: Zähne, Ohren und Haar sind anders!
Dann ist da noch die mysteriöse Geschichte mit seiner Schwester. Nach Einschätzung des südkoreanischen Geheimdienstes soll Kim einige Befugnisse an seine Schwester Kim Yo Jong (32) übertragen haben. Er werde die Macht nach und nach auf seine Schwester übertragen, «um Stress abzubauen». Kim vertraut ihr seit Jahren. Seit Juli ist Kim Yo Jong jedoch nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetaucht. Experten rätseln, wo sie geblieben ist.
Ein Versuch, die Moral zu heben
Es gibt noch einen anderen Grund, weshalb sich Kim wieder öfter in der Öffentlichkeit zeigt. «Die häufigen Besuche von Kim Jong Un in den Provinzen sollen zeigen, wie ein ‹Führer des Volkes› auf Naturkatastrophen reagiert», sagt Leif-Eric Easley, Professor der Ewha Universität in Seoul, gegenüber «Associated Press». Es sei ein Versuch des Machthabers, die Moral zu heben. Nachdem die wirtschaftlichen Probleme im Land wegen der US-Sanktionen immer erdrückender werden.
Laut der staatlichen Zeitung «Rodong Sinmun» wurden am Küstenort Kangwon südlich der Hamgyong-Provinzen «Dutzende Opfer» gemeldet wurden. Nordkorea kämpft jedes Jahr mit heftigen Regenfällen, Überschwemmungen und Taifunen. Dieses Jahr ist die Monsunzeit jedoch besonders lang. (hac)