Hu Jintao (79), Ex-Parteichef, sass letzte Woche am Kongress der Kommunistischen Partei auf dem Podium neben Xi Jinping (69). Dann wurde er plötzlich hinausgeführt.
Nun sind neue Aufnahmen aufgetaucht, die zeigen, was geschah, bevor Hu Jintao aus einer Sitzung geführt wurde. Die Videos zeigen, wie das scheidende Politbüromitglied Li Zhanshu (72) links von Hu Jintao eine Akte wegnimmt und hektisch mit ihm spricht.
Mysteriöses Dokument wird Hu Jintao entrissen
Hu Jintao legt seine Hand erneut auf das Dokument, will es wohl wieder zu sich ziehen. Doch das Gespräch dauert an, Lu Zhanshu schiebt die Akte weiter weg vom Ex-Parteichef.
Die neuen Aufnahmen, die von Channel News Asia gedreht wurden, deuten darauf hin, dass das Dokument eine Rolle gespielt hat. Chinas derzeitiger Staatschef Xi Jinping nimmt die Szene um das Dokument wahr, ruft einen Mann zu sich.
Plötzlich gibt er ihm ausführliche Anweisungen – direkt neben Hu Jintao, der ungläubig wirkt. Der Mann versucht anschliessend, Hu Jintao zum Gehen zu bewegen.
Hilfe wird am Sakko zurückgezogen
Li Zhanshu schien dann aufstehen zu wollen, um Hu zu helfen. Doch er wurde offenbar von Wang Huning (67) zu seiner Linken zurück auf seinen Platz gezerrt – am Sakko.
Hu Jintao sagt dann etwas zu Xi Jinping. Das, während er hinausbegleitet wird. Was der Ex-Staatschef sagte, ist nicht klar. Xi scheint zu nicken oder zumindest auf etwas zu reagieren.
Angebliches Unwohlsein
Für den Westen gabs danach auf Twitter – in China gesperrt – die dürftige Erklärung der staatlichen Nachrichtenagentur, Hu habe sich «nicht wohlgefühlt». Seine Mitarbeiter hätten ihn in einen Nebenraum geführt, es gehe ihm nun besser.
Vieles spricht jedoch dagegen. Zwar widerlegen die Aufnahmen die offizielle Darstellung, dass Hu krank war, nicht. Jedoch legen sie weitere erhebliche Zweifel nah.
Der unerwartete Moment führte zu heftigen Spekulationen: Einige gehen davon aus, es handle sich um ein absichtliches Machtspiel von Xi, um zu zeigen, dass die eher konsensorientierte Hu-Ära endgültig vorbei sei, während andere meinten, es könne am schlechten Gesundheitszustand von Hu gelegen haben.
Unklar, was in der Akte stand
Die BBC befragt den Experten Deng Yuwen, einen ehemaligen Redaktor der kommunistischen Parteizeitung «Study Times», zum Dokument. Er meint, es gebe keinen Grund, dass ein Dokument, das Hu nicht lesen durfte, bei einem so hochkarätigen Treffen vor laufenden Kameras direkt vor ihm legen würde.
Er sagt: «Es war in der Tat eine ungewöhnliche Situation. Niemand kann das erklären, solange es nicht mehr Beweise dafür gibt, was in der Akte stand oder was am Ort des Geschehens gesagt wurde.»
Das Rätsel um die scheinbare Demütigung von Hu Jintao wird nur noch wirrer. (euc)