Sechs Monate ist es her, dass Russland in der Ukraine einen Krieg begonnen hat. Seither kämpfen die beiden Nationen erbittert um die Oberhand, Verluste und Gewinne werden auf beiden Seiten verzeichnet – die russischen Truppen sprechen aber gerne von ihrer Überlegenheit.
Die Realität sieht allerdings anders aus: Die ukrainische Hauptstadt Kiew konnte noch nicht eingenommen werden; Bemühungen, Gebiete im Osten und Südosten des Landes einzunehmen, scheitern – mal mehr, mal weniger.
Wie «Business Insider» unter Berufung auf einen Geheimbericht des Verteidigungsbündnisses Nato berichtet, wird Russland auch in Zukunft wohl kaum weitere grössere Gebiete erobern können. «Russland wird vermutlich in der Lage bleiben, kleinere Gebietsgewinne zu erzielen, aber ist nicht fähig, taktische Erfolge auszunutzen», heisst es vonseiten des Nato-Nachrichtendienstzentrums Joint 2.
Russland kann keine signifikanten Operationen ausführen
Russland fehle es allgemein an ausreichenden Kräften, «um einen erfolgreichen Durchbruch auf irgendeiner Achse zu erzielen». Besonders kritisch sei die Situation in der Südukraine – dort seien die russischen Truppen nicht in der Lage, «signifikante offensive Operationen» auszuüben.
Zwar finde entlang der Front im Osten weiterhin «eine erbitterte Artillerieschlacht» statt, doch die Nato-Geheimdienstler betonen: «Keine der beiden Kriegsparteien hat signifikante Gebietsgewinne erzielt, auch wenn Russland in den kommenden zwei Wochen womöglich kleine Gebiete im Donbass durch Artilleriefeuer, Luftattacken und den Einsatz von Infanteriekompanien einnehmen wird.»
Ukrainischer Krim-Angriff von «geringer Bedeutung»
Im Nato-Geheimbericht wird vermutet, dass Russland sich im weiteren Kriegsverlauf auf die eigenen Kommunikationswege, Munitionslager sowie Luftwaffenstützpunkte und deren Sicherung konzentrieren werde. Denn die Ukraine hatte gerade auf Letzteres gezielte Angriffe ausgeübt – zuletzt auf den Militärstützpunkt Saki auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim.
Während dieser ukrainische Angriff zwar den gewünschten Effekt erzielt hat – die Russen zogen nach Nato-Angaben sogar zehn Kampfjets von der Krim ab – habe er im gesamten Kriegsverlauf aber nur eine geringe Bedeutung, heisst es im Bericht. «Während diese Attacken taktisch und symbolisch bemerkenswert sind, müsste die Ukraine ihnen eine Offensive folgen lassen, um eine signifikante operationelle Wirkung zu erzielen.» (chs)