Nach schwerem Bootsunglück
Griechische Küstenwache nimmt neun mutmassliche Schleuser fest

Das schwere Bootsunglück vor der griechischen Küste hat mindestens 78 Menschenleben gefordert – wahrscheinlich sind es noch viele mehr. Nun hat die Küstenwache neun Überlebende festgenommen, die als Schleuser agiert haben sollen.
Publiziert: 15.06.2023 um 21:06 Uhr
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Aktualisiert: 15.06.2023 um 21:15 Uhr
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Das Boot vor dem Unglück. Mehrere Hunderte Migranten befanden sich auf dem Schiff.
Foto: Anadolu Agency via Getty Images

Einen Tag nach dem schweren Bootsunglück im Mittelmeer mit mindestens 78 Toten hat die griechische Küstenwache neun Überlebende festgenommen. Sie sollen als Schleuser agiert haben. Wie der staatliche Rundfunk (ERT) am Donnerstagabend berichtete, wird den aus Ägypten stammenden Männern unter anderem die Bildung einer kriminellen Organisation vorgeworfen. Sie sollen dem Staatsanwalt der Hafenstadt Kalamata vorgeführt werden. Dieser werde entscheiden, wie es weitergehe, hiess es.

Es wird befürchtet, dass beim Untergang des Fischkutters am Mittwoch rund 50 Seemeilen südwestlich der griechischen Halbinsel Peloponnes Hunderte Migranten ums Leben gekommen sind. Die Küstenwache konnte 104 Menschen retten. Die Befragung der Überlebenden durch Ermittler der Küstenwache dauerte am Donnerstagabend an. Nach neuesten Erkenntnissen der Behörde sei der Fischkutter vor einigen Tagen aus Ägypten gestartet, habe dann einen Stopp im libyschen Tobruk gemacht und weitere Menschen aufgenommen. Danach nahmen die Schleuser Kurs auf Italien.

Im Hafen von Kalamata trafen am Donnerstag aus anderen Staaten Europas Verwandte der Vermissten ein. Sie versuchten von den Behörden und den Überlebenden etwas über das Schicksal ihrer Angehörigen zu erfahren, berichteten Reporter vor Ort.

Frauen und Kinder haben wohl keine Chance gehabt

Die Suche nach weiteren Überlebenden ist ohne Erfolg fortgesetzt worden. «Weder Überlebende noch weitere Opfer wurden in der Nacht entdeckt», sagte ein Sprecher der griechischen Küstenwache am Donnerstagmorgen im Staatsrundfunk.

Die Unglücksstelle liegt nahe der tiefsten Stelle im Mittelmeer, dem sogenannten Calypsotief, das rund fünf Kilometer bis zum Meeresboden reicht. Eine Bergung des Wracks könnte damit so gut wie ausgeschlossen sein.

Nach dem schweren Bootsunglück haben griechische Medien am Mittwochabend erstmals Bilder des mit Migranten überfüllten Unglücksbootes veröffentlicht. Die Aufnahmen stammen von der griechischen Küstenwache.

Die Fotos zeigen, dass sich allein schon an Deck des verrosteten Fischkutters bis zu 200 Menschen drängten. Auszumachen sind ein weiteres Zwischendeck und der Rumpf. Griechische Medien berichteten, bei den 104 geretteten Menschen handele es sich ausschliesslich um Männer. Die übrigen Passagiere, darunter nach Angaben der Überlebenden auch schwangere Frauen und viele Kinder, sollen sich unter Deck aufgehalten und beim schnellen Sinken des Bootes keine Chance gehabt haben, sich nach draussen zu retten. (SDA/bab)

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