In eine Rede im Parlament in Rom berichtete der Politiker am Dienstag über die Abläufe jener Nacht vom 25. auf den 26. Februar und sagte, dass erst gegen 4.00 Uhr morgens ein Notruf bei der Leitstelle eingegangen sei. Daraufhin seien die Einsatzkräfte alarmiert worden. Für viele Erwachsenen und Kinder auf dem Boot kam die Hilfe aber zu spät. Piantedosi sagte, dass inzwischen 72 Leichen gefunden worden seien.
Polizei, Küstenwache und Regierung sehen sich seit Tagen heftiger Kritik ausgesetzt. Der Vorwurf lautet, dass in der Nacht nicht alles Mögliche zur Rettung getan worden sei. Das wies Piantedosi scharf zurück. Die Behörden hätten alle Regeln und Kommandoketten eingehalten.
Schleuser ergriffen die Flucht
Zugleich berichtete der Minister unter Berufung auf Aussagen von Überlebenden von den letzten Momenten vor dem Untergang: Demnach hätten die Schleuser 200 Meter vor Erreichen der Küste der Region Kalabrien Licht an Land gesehen und befürchtet, dass dort Polizisten warteten. Sie hätten deshalb versucht, scharf zu wenden. Das Boot sei aber auf seichten Grund aufgefahren und beschädigt worden. Wasser sei eingetreten.
Migranten berichteten, dass zwei Schleuser daraufhin ins Meer gesprungen seien. Ein dritter Schleuser sei mit einem Schlauchboot geflohen und habe die Komplizen aufgenommen. Zugleich habe eine Welle das Boot erfasst, das sich überschlagen habe und gesunken sei. Als die meisten Retter den Strandabschnitt der Ortschaft Steccato di Cutro erreicht hätten, seien schon viele Leichen von Flüchtlingen und Migranten angespült worden. Die mutmasslichen Schleuser - ein Türke und zwei Pakistaner - wurden festgenommen.
An diesem Donnerstag lädt Regierungschefin Giorgia Meloni den Ministerrat zu einer Sitzung nach Cutro ein. Dort will sie weitere Massnahmen im Kampf gegen illegale Migration und Schlepper verkünden. (SDA)