Nach Olympia-Skandal
Auch diese Athletin flüchtet aus Angst vor Lukaschenko

Aus Sicherheitsgründen hat die Olympia-Athletin Kristina Timanowskaja ihre Flugroute geändert. Statt direkt nach Polen fliegt die Belarussin nun erstmal nach Wien. Sie ist mittlerweile nicht die einzige Athletin, die Angst hat, in ihre Heimat zu kehren.
Publiziert: 04.08.2021 um 10:48 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2021 um 21:31 Uhr
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Kristina Timanowskaja hat Japan am Mittwochmorgen verlassen.
Foto: keystone-sda.ch

Olympia-Athletin Kristina Timanowskaja (24) wäre offenbar beinahe von belarussischen Schergen aus Japan entführt – weil sie Kritik am Regime in ihrem Land geäussert hatte. Nach dem Olympia-Skandal bat die Belarussin Polen um Asyl und erhielt auch umgehend ein humanitäres Visum.

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Sie ist nicht die Einzige, die wegen Diktator Alexander Lukaschenko nicht zurückkehren wird. Zwei weitere belarussische Athleten kehren ihrer Heimat den Rücken. Siebenkämpferin Jana Maksimowa (32) und ihr Leichtathletik-Ehemann Andrej Krawtschenko (35) wollen in Deutschland bleiben. Dort weilt die Familie gerade.

«Man kann sein Leben verlieren»

«Wir haben beschlossen, nicht nach Belarus zurückzukehren. Leider kann man dort heute nicht nur seine Freiheit, sondern auch sein Leben verlieren», schreibt Maximowa auf Instagram und postet ein Foto mit ihrer kleinen Tochter. «Hier hat man die Möglichkeit, mit voller Brust zu atmen und eine von denen zu sein, die für die Freiheit ihrer Leute, ihrer Freunde und Familie kämpfen. Wir werden bestimmt siegen.»

Andrej Krawtschenko hatte bei den olympischen Spielen in Peking 2008 die Silbermedaille geholt, bei den Europameisterschaften in Zürich im Jahr 2014 holte er sich den Sieg.

Er gehörte zu den mehr als 400 Sportlern, die nach den Präsidentschaftswahlen in Belarus letztes Jahr einen offenen Brief unterzeichneten. Im Schreiben prangerten die Athleten die Wahlfälschungen und die Polizei-Gewalt bei den Demonstrationen an. Kurz darauf wurde er aus der belarussischen Nationalmannschaft geschmissen. Weil er auch selber bei den Kundgebungen mitlief, landete er im Anschluss für zehn Tage im Knast.

Timanowskaja auf dem Weg nach Wien

Kristina Timanowskaja hat Japan unterdessen verlassen. Doch statt auf direktem Weg nach Warschau zu fliegen, stieg sie am Mittwochmorgen in eine Maschine nach Wien. Ihre Pläne hat sie offenbar in letzter Sekunde geändert.

Laut der Nachrichtenagentur Reuters hat sich Timanowskaja aus Sicherheitsgründen dazu entschlossen. Das österreichische Aussenministerium bestätigte dies, schreibt der «Spiegel».

Nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Tass ist die Entscheidung von der polnischen Botschaft getroffen worden, da auf dem ursprünglichen Flug auch mehrere ausländische Journalisten einen Platz gebucht hätten. In Wien soll sie offenbar nur einen kurzen Zwischenstopp machen. «Nach unseren Informationen wird Frau Timanowskaja heute noch nach Warschau weiterfliegen», sagte ein Sprecher des Wiener Aussenministeriums am Mittwoch. Sie werde im Transitbereich von Vertretern des Aussenministeriums begleitet. Ob die Sicherheitsgründe auch etwas mit Lukaschenko zu tun haben, ist unklar.

Fall Protasewitsch

Der belarussische Präsident hatte im Mai bereits einen Flieger vom Himmel geholt. An Bord der Ryanair-Maschine sass damals der Regierungskritiker Roman Protasewitsch (26). Der oppositionelle Blogger, der von Athen auf dem Weg nach Vilnius war, wurde nach der Notlandung in Minsk festgenommen.

Im Juni sagte Protasewitsch bei einer Pressekonferenz überraschend, dass es ihm gut gehe. Journalisten und Menschenrechtler äusserten nach seinem Auftritt Zweifel. Protasewitsch soll wie schon zuvor in einer Videobotschaft zu einem Geständnis gezwungen worden sein. Mittlerweile befindet er sich unter Hausarrest.

Auch Ehemann geflüchtet

Timanowskaja warf Lukaschenko versuchte Entführung vor. Nachdem sie Kritik an Sportfunktionären ihres Landes geäussert hatte, soll man versucht haben, sie zur Rückkehr nach Belarus zu zwingen. Hals über Kopf musste Timanowskaja am 1. August von den Olympischen Spielen abreisen. Danach hat sie sich in der polnischen Botschaft in Tokio aufgehalten.

Die IOC-Disziplinarkommission soll nun vor allem den Leichtathletik-Cheftrainer von Belarus und den stellvertretenden Direktor des nationalen Trainingszentrums ins Visier nehmen. Die beiden Funktionäre sollen Timanowskaja mitgeteilt haben, dass sie wegen ihrer Kritik an den Entscheidungen der Teamspitze in den Sozialen Medien vorzeitig in ihre Heimat zurückkehren muss.

Timanowskaja hatte der «Bild» gesagt, es sei ihr nicht um Politik gegangen. «Ich habe nur kritisiert, dass unsere Chef-Trainer über das Staffellauf-Team entschieden haben, ohne sich mit den Sportlern zu beraten», erklärte sie. «Dass das solche Ausmasse annehmen und zu einem politischen Skandal werden kann, hätte ich nie gedacht.»

Auch der Ehemann von Timanowskaja flüchtete nach eigenen Angaben aus dem autoritär regierten Belarus und hält sich jetzt in Kiew in der Ukraine auf. Wegen des Konflikts seiner Frau mit den Behörden seien sie in Belarus «nicht sicher».

Timanowskaja ist am Mittwochabend nach einem Zwischenstopp in Wien in Warschau, Polen, gelandet. Ob und wann ihr Ehemann zu ihr nachreist, ist unklar. (man)

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