«Jeder, mit dem ich gesprochen habe, ist begeistert von der Idee»
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Trump will Gaza übernehmen:«Jeder, mit dem ich gesprochen habe, ist begeistert»

Nach Kritik an Trumps Gaza-Plan
Sind arabische Staaten insgeheim doch nicht ganz abgeneigt?

Donald Trump erntete für seinen Gaza-Vorschlag zur Übernahme durch die USA viel Kritik aus der ganzen Welt. Ein israelischer Ex-Geheimdienstler vermutet jetzt, dass arabische Staaten den Plan doch nicht gänzlich vom Tisch wischen wollen.
Publiziert: 07.02.2025 um 15:00 Uhr
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Aktualisiert: 07.02.2025 um 15:16 Uhr
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Donald Trump präsentierte bei einem Treffen mit ...
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Trumps Gaza-Plan stösst auf Kritik, könnte aber arabische Staaten zum Handeln bewegen
  • Ehemaliger israelischer Geheimdienstmitarbeiter sieht mögliche heimliche Unterstützung für US-Kontrolle
  • Politikwissenschaftlerin sieht Trumps Plan völlig abgekoppelt von Realität
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Denis MolnarJournalist

Der Aufschrei und die Kritik waren rund um den Globus gross, als Donald Trump (78) diese Woche seinen Vorschlag zur Zukunft des Gazastreifens präsentierte: Die USA übernehmen die Kontrolle und die dort lebenden 2,3 Millionen Einwohner werden nach Jordanien und Ägypten umgesiedelt.

Die Hamas zeigte sich kämpferisch und sprach davon, dass der Plan «Chaos und Spannungen in der Region» erzeugen würde. Die Menschen im Gazastreifen würden das nicht zulassen.

Saudi-Arabien wie auch Ägypten, Jordanien und weitere arabische Staaten lehnten Trumps Plan ab. Der ägyptische Aussenminister Badr Abdelatty (58) betonte in Kairo, dass bald die ersten Wiederaufbauprojekte und -programme vorangetrieben werden müssten, «ohne die Palästinenser zu vertreiben». Das Ziel sei eine Zweistaatenlösung.

«Grosse, bedeutende Veränderung»

Jetzt sagt ein ehemaliger israelischer Geheimdienstmitarbeiter, dass Ägypten, Jordanien und Saudi-Arabien Trumps Plan für den Gazastreifen womöglich gar nicht so abgeneigt seien. «Es würde mich nicht überraschen, wenn sie in den Hinterzimmern doch sehr glücklich über die Idee wären, dass die Vereinigten Staaten die Kontrolle über die Situation übernehmen», sagte Avi Melamed zur «New York Post». 

Man dürfe nicht vergessen, dass die Hamas, unterstützt durch den Iran, für Jordanien wie auch Ägypten, die Saudis und die Emirate eine «erhebliche Bedrohung darstellt». Lieber würde man die entmachtete Palästinensische Autonomiebehörde zur Rückkehr in die Enklave bewegen. Melamed betont jedoch, dass es eine «grosse, bedeutende Veränderung vor Ort» brauche. Daher könnten die arabischen Staaten offen sein für die Idee, die USA in Gaza zu haben. Trump würde jedoch für seine Umsiedlungspläne keine Unterstützung erhalten.

Pauschales «Nein» wird nicht akzeptiert

Aus dem Weissen Haus heisst es derweil, dass Trumps Vorschlag die arabischen Nationen dazu zwingen soll, eigene Lösungen anzubieten. Trump würde ein pauschales «Nein» als Antwort auf seine Idee nicht akzeptieren. Eine nicht näher genannte Quelle, die über die internen Gespräche der Nahoststaaten Bescheid weiss, sagte der «New York Post», dass Trump bereit sei, «die Regeln neu zu schreiben». Frieden entstehe nur, «indem man etwas tut, das so grundlegend anders ist, dass es das gesamte Paradigma umgestaltet».

Ist Trumps Vision also letztlich nur Kalkül, um den Nahen Osten zum Handeln zu bewegen? Möglich wäre es. «Er könnte damit provozieren, um Bewegung in die festgefahrene Lage in Nahost zu bringen», sagt Nahost-Experte Reinhard Schulze (72).

«Versuch, Druck auszuüben»

Ganz ähnlich sieht es Elham Manea (58). «Was Trumps Motivation betrifft, so scheint diese Ankündigung weniger ein ernsthafter politischer Vorschlag zu sein, sondern vielmehr ein Versuch, arabische Staaten unter Druck zu setzen, sich stärker in Gaza zu engagieren», sagt die Professorin für Politikwissenschaften der Universität Zürich zu Blick. «Es könnte sich um eine Taktik handeln, die darauf abzielt, regionale Ängste vor der Hamas auszunutzen, um Zugeständnisse zu erzwingen und arabische Länder zu Rollen zu drängen, die sie sonst vermeiden würden. Diese Strategie ist jedoch gefährlich vereinfachend.»

Elham Manea, Professorin für Politikwissenschaften an der Universität Zürich.

Zwar sei es richtig, dass mehrere arabische Staaten – darunter Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate – «ein Interesse daran haben, den Einfluss der Hamas zu schwächen, doch bedeutet dies keineswegs, dass sie die Vertreibung von Palästinensern oder eine fremde Kontrolle über Gaza unterstützen». 

Abgekoppelt von der Realität vor Ort

Das Interesse dieser Länder an der Schwächung der Hamas beruhe auf sicherheitspolitischen Erwägungen, insbesondere im Hinblick auf den politischen Islam und den Einfluss Irans in der Region. «Diese pragmatische Haltung darf jedoch nicht mit einer stillschweigenden Zustimmung zu Plänen verwechselt werden, die die Umsiedlung von Palästinensern beinhalten. Die demografischen und sicherheitspolitischen Risiken eines solchen Vorhabens sind schlichtweg zu gross.»

Trumps Vorschlag sei von den komplexen Realitäten vor Ort abgekoppelt. «Arabische Staaten mögen in ihrer Regionalpolitik pragmatisch sein, aber sie sind weder naiv noch bereit, Pläne zu unterstützen, die das Risiko einer weiteren Destabilisierung bergen.»

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