Nach der Landung in seiner australischen Heimat hat es für Wikileaks-Gründer Julian Assange ein emotionales Wiedersehen mit seiner Familie gegeben. Auf Videos in sozialen Netzwerken war zu sehen, wie der 52-Jährige kurz nach dem Ausstieg aus der Maschine seine Ehefrau Stella in den Arm nahm – zum ersten Mal in Freiheit.
Die Beziehung der beiden begann erst, nachdem sich Assange seit 2012 sieben Jahre lang in der ecuadorianischen Botschaft in London verschanzt hatte. Assange küsste seine Frau mehrmals innig. Gleich darauf konnte Assange auch seinen Vater John Shipton umarmen. Zahlreiche Augenzeugen jubelten, als Assange die Chartermaschine verliess. Es waren «Willkommen zu Hause»-Rufe zu hören. Der Australier winkte den Menschen zu und reckte mehrmals eine Siegerfaust in den Himmel. Es wird erwartet, dass er sich noch am Abend öffentlich äussern wird. Zuletzt war Assange fünf Jahre in einem Hochsicherheitsgefängnis in London in Haft.
Assange bekannte sich der Spionage schuldig
Nach seiner Freilassung aus britischer Haft hat sich der Wikileaks-Gründer Julian Assange vor einem US-Gericht im Zusammenhang mit Spionagevorwürfen in einem Anklagepunkt schuldig bekannt. Das berichteten die «Washington Post» und der britische «Guardian» übereinstimmend aus dem Gerichtssaal auf der Marianen-Insel Saipan, einem US-Aussengebiet im Westpazifik. Assange schloss einen Deal mit der US-Justiz und kommt im Gegenzug für das Schuldbekenntnis nach seiner bereits verbüssten Haft auf freien Fuss. Das Gericht segnete den Deal den Berichten zufolge bereits ab. Die zuständige Richterin Ramona Manglona sagte demnach, Assange könne «den Gerichtssaal als freier Mann verlassen».
Mit der Mission, Whistleblower zu unterstützen und verborgene Informationen ans Licht zu bringen, hatte der Australier 2006 die Plattform Wikileaks gegründet. Von 2010 an veröffentlichte Wikileaks unter anderem Verschlusssachen der Whistleblowerin Chelsea Manning über Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen bei US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan. Die USA warfen Assange in der Folge vor, geheimes Material gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben.
Ihm drohten bis zu 175 Jahre Haft
Die amerikanische Justiz wollte Assange den Prozess wegen Spionagevorwürfen machen. Bis zu 175 Jahre Haft hätten ihm in den USA gedroht. Zuletzt handelte er mit der US-Justiz jedoch einen Deal aus und bekannte sich nun der Verschwörung zur unrechtmässigen Beschaffung und Verbreitung von geheimen Unterlagen schuldig. Dafür wurde er am Mittwoch von dem US-Gericht auf der Insel Saipan zu mehr als fünf Jahren Haft verurteilt. Dies entspricht der Zeitspanne, während der der Internetaktivist in London bereits ohne Anklage in einem Hochsicherheitsgefängnis sass.
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Durch den Justiz-Deal bleibt Assange eine weitere Haft in den USA erspart. Die USA verlangten bisher seine Auslieferung aus Grossbritannien. Stattdessen kann der 52-Jährige nun nach der Gerichtssitzung umgehend weiter in seine Heimat Australien reisen. Der Gerichtstermin wurde daher auch nicht auf dem amerikanischen Festland abgehalten, sondern in dem entlegenen US-Aussengebiet. Die Nördlichen Marianen liegen mehrere Tausend Kilometer nördlich von Australien.
Assange kam bereits am Montag unbemerkt von der Öffentlichkeit aus der Haft in London frei und reiste mit einem gecharterten Flugzeug aus Grossbritannien aus. Nach einem Zwischenstopp in der thailändischen Hauptstadt Bangkok flog er schliesslich weiter nach Saipan.
Odyssee mit vielen juristischen Kämpfen
Es ist das abenteuerliche Ende einer jahrelangen Odyssee mit vielen juristischen Kämpfen. Assange wurde vor etwa fünf Jahren im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London inhaftiert. Vor seiner Festnahme im April 2019 hatte er sich sieben Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden entzogen. Diese hatten ihn zunächst wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden ins Visier genommen. Diese Anschuldigungen wurden später aus Mangel an Beweisen fallengelassen.
Während die USA über Jahre die Auslieferung Assanges verlangten, forderten Menschenrechtsorganisationen, Journalistenverbände, Künstler und Politiker dessen sofortige Freilassung. Auch die australische Regierung setzte sich für die Freilassung ihres Staatsbürgers ein.