Nach 18 Jahren im Unternehmen
Frau gefeuert, weil sie im Homeoffice nicht genug tippte

Darf der Arbeitgeber seine Mitarbeitenden überwachen? Ein Fall in Australien sorgt für unterschiedliche Meinungen. Eine Frau verlor nach 18 Jahren ihren Job – weil sie im Homeoffice nicht genug arbeitete. Eine Software kontrollierte die Tastenanschläge.
Publiziert: 09.08.2023 um 21:39 Uhr
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Aktualisiert: 10.08.2023 um 08:57 Uhr
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Suzie C. verlor ihren Job bei einer australischen Versicherungsfirma, weil sie im Homeoffice nicht genug tippte.
Foto: Social Media

Während Corona haben viele Angestellte das Arbeiten im Homeoffice zu schätzen gelernt. Wäsche machen, Kochen, eine Runde laufen – schnell lassen sich Haushaltsaufgaben nebenbei erledigen. In Australien kostete das eine Frau ihren Job. Suzie C.* (38) wurde von einer Versicherungsfirma gefeuert, weil sie nicht genug tippte. Eine installierte Software überführte sie.

Der Konzern hatte die Überwachungssoftware auf dem Laptop installiert und prüfte über einen zufälligen Zeitraum, wie viele Tastaturanschläge C. während der Arbeit machte. Dabei stellte sich heraus, dass die Angestellte an 44 von 49 Tagen nicht auf ihre volle Stundenanzahl kam. Während sie heimlich überprüft wurde, tippte sie nur 54 Mal pro Stunde auf die Tasten – gerade genug für kurze Sätze. Ihre Kollegen erreichten sie nicht, an einigen Tagen machte sie den Laptop gar nicht an.

C. beteuert, dass sie im kontrollierten Zeitraum Arzttermine und die Zeit nachgeholt habe. Ausserdem habe sie Aufgaben teilweise auf dem Smartphone erledigt. Der Konzern hingegen sagt, ihre Aufgaben hätten nur am Laptop erledigt werden können.

«Ich gehe vielleicht ab und zu einkaufen, aber nicht den ganzen Tag lang», rechtfertigt C. sich gegenüber «News.com.au». Und: «Manchmal gab es wenig zu tun, aber ich habe nie nicht gearbeitet.» Sie glaubte den erhobenen Daten zu ihrer Produktivität nicht. Doch für ihren Arbeitgeber war es ein klarer Fall. Nach 18 Jahren in der gleichen Firma musste C. das Unternehmen im Februar verlassen.

Firmen kontrollierten Mitarbeitende in der Schweiz

Das Arbeitsgericht in Australien hat dem Konzern nun zugestimmt: C. hat im Homeoffice zu wenig gearbeitet. Die Richterin sagte: «Die Klägerin wurde aus einem triftigen Grund wegen Fehlverhaltens entlassen.»

Seit Februar lebt C. von Sozialversicherungszahlungen. Auf ihrem LinkedIn-Profilbild steht: «Open for work» (auf Deutsch: offen für Arbeit). «Es ist peinlich, dass sich diese Geschichte verbreitet hat. Niemand wird mich einstellen», sagt sie zu Daily Mail. Auf Linkedin steht neuerdings «Tiktok» als Job-Beschreibung.

Die Geschichte hat im Netz eine Debatte losgetreten. Ist es erlaubt, Angestellte mit solchen Softwares zu kontrollieren? In der Schweiz ist das nur teilweise erlaubt. Die Firma Novartis durfte messen, wie viel ihre Mitarbeiter arbeiten. Aber: «Ich kann versichern, dass wir keine einzelnen Mitarbeiterdaten erhalten», sagte Personalchef Steven Baert 2020 zum Tagesanzeiger. (jwg)

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