Auf einen Blick
- Forscherteam löst Rätsel um seltene genetische Krankheit bei Kind
- Mutation beeinflusst Proteinfaltung und ist verantwortlich für neurologische Symptome
- 22 Patienten mit ähnlichen genetischen Veränderungen identifiziert
Diese Nachricht ist eine Erlösung für Eltern und Kind. Ein Forscherteam aus aller Welt hat das Rätsel um ein Kind mit einer seltenen, unbekannten genetischen Krankheit gelöst. Ein Durchbruch – nicht nur die Familie, sondern auch für viel weitere Patienten.
«Viele Patienten mit schweren, seltenen genetischen Erkrankungen bleiben trotz umfassender medizinischer Untersuchungen unerkannt», erklärt Pädiatrie-Professor Stephen Pak von der Washington University in den USA im Magazin «Science».
Teil eines grossen Molekülkomplexes
Konkret ging es um einen geistig behinderten Buben aus Deutschland. Er hat mit Krampfanfällen und einem veränderten Gehirn zu kämpfen. Der Grund war bisher unklar. Doch die Wissenschaftler fanden heraus, dass es bei dem kleinen Jungen Mutationen im CCT3-Gen gab.
Dabei wurde eine Mutation genauer unter die Lupe genommen. Sie steht im Verdacht, hinter der neurologischen Störung zu stecken. Das betroffene CCT3-Protein ist Teil eines grossen Molekülkomplexes. Dessen Aufgabe es ist, Proteine so zu bauen, dass sie bestimmte Funktionen übernehmen können.
«Genetische Veränderung verringert die Aktivität des normalen Proteins»
Um den Verdacht genauer zu untersuchen, wurde der Organismus vom Fadenwurm (Caenorhabditis elegans, abgekürzt C. elegans) benutzt. Denn auch dort gibt es das CCT3-Protein und auch in mutierter Form. Das Ergebnis: Tiere mit dieser Mutation wie beim Menschen zeigten ebenfalls Auffälligkeiten. Sie bewegten sich zum Beispiel langsamer als gesunde Fadenwürmer. Im Umkehrschluss konnte damit gezeigt werden, dass das CCT3-Protein ein Marker für eine neurologische Störung sein kann.
Sobald das CCT3-Protein mutiert ist, kann es die Proteine nicht richtig formen. Und das hat Auswirkungen auf die Funktion und damit am Ende auch auf die Entwicklung des Gehirns und das Nervensystem. «Unsere Studien an C. elegans haben gezeigt, dass die genetische Veränderung die Aktivität des normalen Proteins verringert und damit die Kapazität des Proteinfaltungsapparats verringert», so Genetik-Professor Tim Schedl von der Washington University.
«Studie hat geholfen, die Krankheit ihres Kindes besser zu verstehen»
Fehlbildungen des Gehirns sind häufig und können in ihrer Schwere von vernachlässigbar bis potenziell tödlich reichen. Das Problem: Ihre Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt.
Pädiatrie-Professor Pak dazu: «Unsere Studie hat einer Familie geholfen, die Krankheit ihres Kindes besser zu verstehen und weitere unnötige klinische Untersuchungen und Tests zu vermeiden. Die Ergebnisse haben es ausserdem ermöglicht, 22 weitere Patienten mit denselben oder überlappenden neurologischen Symptomen und genetischen Veränderungen, die die Proteinfaltung beeinflussen, zu identifizieren, was den Weg für noch mehr Diagnosen und letztendlich potenzielle Behandlungen ebnet.»