Boris Johnson wendet sich mit diesem Video ans Volk
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Nach Selbstisolation:Boris Johnson wendet sich mit diesem Video ans Volk

Minister an Corona erkrankt
Johnson geht erst nach Aufschrei in Selbstisolation

Der britische Gesundheitsminister Sajid Javid hat sich trotz Impfung mit Corona infiziert. In einem solchen Fall verlangen die Regeln, dass sich Kontaktpersonen in Selbstquarantäne begeben. Der britische Premier Boris Johnson wollte sich darum drücken.
Publiziert: 19.07.2021 um 09:38 Uhr
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Aktualisiert: 19.07.2021 um 15:04 Uhr
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Testen statt Selbstisolation: Der britische Premierminister Boris Johnson und sein Finanzminister Rishi Sunak (linsk) wollten eine Extrawurst.
Foto: keystone-sda.ch

Trotz dramatisch steigender Infektionszahlen sind am Montag in England fast alle Corona-Massnahmen aufgehoben worden. Weder das Tragen von Masken noch Abstandsregeln oder zahlenmässige Beschränkungen für Veranstaltungen sind im grössten britischen Landesteil fortan vorgeschrieben.

Premierminister Boris Johnson setzt auf die Eigenverantwortung der Menschen. Doch der Regierungschef selbst gab am Wochenende nicht das beste Beispiel ab. Nachdem Gesundheitsminister Sajid Javid am Samstag mitgeteilt hatte, trotz zweifacher Impfung an Covid-19 erkrankt zu sein, wollten sich Johnson und sein Finanzminister Rishi Sunak zunächst um die eigentlich für Kontaktpersonen vorgeschriebene Selbstisolation drücken. Die beiden nähmen an einem Pilotprojekt teil, das stattdessen tägliche Tests vorsehe, hiess es am Sonntagmorgen.

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«Kurzzeitig darüber nachgedacht»

Keine drei Stunden später, nach einem landesweiten Aufschrei – immerhin sitzen derzeit Hunderttausende Briten wegen einer Aufforderung zur Selbstisolation zu Hause – ruderte die Regierung zurück. Johnson befinde sich auf seinem Landsitz Chequers in Selbstisolation, hiess es dann.

Von dort aus wandte sich Johnson in einer Videobotschaft an seine Landsleute. Er habe «kurzzeitig darüber nachgedacht», an dem Pilotprojekt teilzunehmen, so Johnson. «Aber ich denke, es ist viel wichtiger, dass sich alle an dieselben Regeln halten, und deswegen werde ich bis zum 26. Juli in Selbstisolation gehen.»

Fast so viele Neuinfektionen wie zum Jahreswechsel

Experten warnen, dass die Situation in Grossbritannien trotz hoher Impfquote ausser Kontrolle geraten könnte. Bereits jetzt werden täglich zum Teil mehr als 50'000 Fälle registriert – beinahe so viele wie zum Höhepunkt der zweiten Welle zum Jahreswechsel.

Gewerkschaften und Unternehmerverbände sprechen sich unterdessen für eine Beibehaltung der Maskenpflicht und ein gleichzeitiges Ende der Pflicht zur Selbstisolation bei geimpften Kontaktpersonen aus. Schon jetzt kommt es in vielen Branchen, vor allem bei Verkehrsbetrieben, zu Engpässen, weil viele Mitarbeiter in Selbstisolation sind. Der Chef der Verkehrsgewerkschaft RMT (The Rail, Maritime and Transport Union), Mick Lynch, warnt, der vielfach als «Freedom Day» («Freiheitstag») gepriesene Tag der Öffnung könne sonst zum «Chaos Day» werden.

Weil es beim Nationalen Gesundheitsdienst NHS immer mehr zu Personal-Engpässen kommt, hat die britische Regierung für die Mitarbeiter die Regeln zur Selbstisolation nach Kontakt mit Infizierten gelockert. In Ausnahmefällen dürften zweifach geimpfte Mitarbeiter die eigentlich vorgeschriebene zehntägige Selbstisolation durch einen negativen PCR-Test und tägliche Antigen-Tests ersetzen und weiterhin zur Arbeit erscheinen, heisst es in einer Mitteilung.

68 Prozent haben beide Impfungen

Johnson gibt sich zuversichtlich, dass die hohe Impfrate im Land auch ohne weitere Massnahmen einen ausreichenden Schutz vor der Pandemie bietet. Inzwischen haben 88 Prozent der Erwachsenen im Vereinigten Königreich eine erste Impfung erhalten. Knapp 68 Prozent sind bereits zweimal geimpft. «Das massive Impfprogramm hat die Verbindung zwischen Ansteckung und Krankenhauseinweisung und zwischen Ansteckung und schwerer Erkrankung und Tod erheblich geschwächt», sagt Johnson.

Doch Experten zweifeln daran, ob der Schutz durch die Impfungen ausreichen wird, um einer grossen Infektionswelle standzuhalten. Dem Epidemiologen Neil Ferguson vom Imperial College in London zufolge ist es «beinahe unausweichlich», dass die Zahl der täglichen Neuinfektionen die Marke von 100'000 bald überschreitet. «Die echte Frage ist, ob es sogar doppelt so viel wird, oder sogar noch mehr», sagt Ferguson gegenüber BBC. Im schlimmsten Fall, wenn die Zahl der Krankenhauseinweisungen 2000 oder 3000 täglich erreiche, müssten Massnahmen ergriffen werden, um die Pandemie wieder in den Griff zu kriegen, warnt er.

Aufruf zur Vorsicht

Das will Johnson unbedingt verhindern. Er bezeichnet den Weg seines Landes aus dem Lockdown stets als «vorsichtig aber unumkehrbar». «Bitte, bitte, seien Sie vorsichtig», fleht er die Briten an. Ob er damit noch überzeugen kann, scheint fraglich.

Die neusten Lockerungen gelten nur für den grössten britischen Landesteil England, der keine eigene Regierung hat. Die Regionalregierungen von Wales, Schottland und Nordirland sind für ihre Gesundheitspolitik selbst verantwortlich. (SDA/noo)

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